„Wir müssen unserem Ärger Luft machen“

Kazim Erdogan (Foto: privat)

Kazim Erdogan (Foto: privat)

Die Geschehnisse aus der Silvesternacht in Köln ziehen viele Solidaritätsbekundungen mit den Opfern nach sich. Eine türkische Männergruppe aus Neukölln ruft zu einer Demonstration gegen sexuelle Gewalt auf. (mehr …)

Mittwoch, 13. Januar 2016

Kazim Erdogan hat genug. Die Nachrichten aus der Kölner Silvesternacht verärgern den Psychologen und Leiter des gemeinnützigen Vereins Aufbruch Neukölln e.V. „Es kann doch nicht sein, dass solche Leute sich auch noch bestätigt fühlen, wenn viel zu wenige Menschen gegen Gewaltexzesse aufstehen.“ Am Dienstag beschloss Erdogans Männergruppe, dass es nun an der Zeit sei, ein Zeichen zu setzen. „Wir müssen unserem Ärger Luft machen. Solche Taten kann und darf man nicht tolerieren.“ Um sich solidarisch zu zeigen, rufen die Männer am Samstag um 14 Uhr zu einer Demonstration gegen sexuelle Gewalt auf.

Gemeinsam mit weiteren Helfern organisiert Erdogan Eltern-, Männer- und Frauengruppen und bietet Rechtsberatungskurse in verschiedenen Sprachen an. Für seine Integrationsarbeit wurde der Psychologe bereits mit dem Bundesverdienstkreuz ausgezeichnet. Der Verein Aufbruch Neukölln beschäftigt sich viel mit häuslicher und auch sexueller Gewalt. „Es ist nicht das erste Mal, dass wir über politischen Themen diskutieren. Das ist wichtig und gehört dazu.“ Wie kommt es zu der massiven Ausübung sexueller Gewalt durch die Täter in der Kölner Silvesternacht und welche Schlüsse sind daraus zu ziehen? Erdogan ist sich sicher, dass eine Vielzahl von Gründen zu dem Verhalten der Täter geführt hat. „Wir sind aber hier und jetzt nicht in der Lage, die Beweggründe der einzelnen Straftäter zu bewerten“, erklärt er. „Was wir jedoch tun können, ist dagegen aufzustehen und Flagge zu zeigen.“

Ist Köln auch in Neukölln möglich?

Der Standpunkt des Vereins ist klar: Für die Straftaten der Täter kann es keine Entschuldigung geben. Zu den Geflüchteten unter ihnen erklärt der Psychologe: „Diese Menschen haben Schutz vor derlei Straftaten gesucht und in Deutschland gefunden. Sie haben eben diesen Schutz nicht angenommen, sondern schaden ihren Gastgebern.“ Das dürfe nicht sein. Aufbruch Neukölln e.V. fordert die Abschiebung der Straftäter, wenn dies in konkreten Fällen möglich ist.

Kann das bei uns auch passieren? Häufig wird diese Frage nach heftigen Taten gestellt. Und wie so oft lautet auch die Antwort von Kazim Erdogan: „Ausschließen kann das niemand. Das kann in Neukölln genauso passieren wie anderswo.“ Der Psychologe mag es nicht, Fragen zu stellen oder Probleme zu beschreiben und dann keine Lösungsansätze zu präsentieren. „Weil solche Taten sich nicht wiederholen dürfen und trotzdem möglich sind, muss man präventiv arbeiten und Aufklärung leisten. Genau deswegen arbeiten wir mit den Menschen in unserem Kiez zusammen.“

„Das geht uns alle etwas an“

Der Verein möchte sich mit allen Opfern der Kölner Silvesternacht solidarisieren. „Das geht uns alle etwas an“, meint Erdogan und fordert alle Berlinerinnen und Berliner dazu auf, sich anzuschließen. Die Demo begintt um 14 Uhr am Hermannplatz und soll um 16 Uhr mit einer Abschlussrede Erdogans am Oranienplatz enden. Doch bis dahin gibt es noch einiges zu organisieren. „Wir brauchen zum Beispiel noch einen Lautsprecherwagen und eine Anlage. Wenn uns da jemand helfen könnte, wären wir sehr dankbar.“ Banner und Plakate werden bestimmt nicht fehlen, denn dazu ruft Erdogans Verein schließlich auf: zum Flagge zeigen.

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Kommentare:

  • Anne Haedke sagt:

    Dieses Verhalten der Männer in der Silvesternacht in Köln war frauenverachtend, einfach unerträglich! Ich will alle integriert sehen, die sich integrieren wollen, ich tue auch das mir Mögliche dafür, dass Integration in meiner Umgebung stattfindet.
    Aber bei über solches Verhalten möchte ich Klartext reden: es gehört nicht zu uns, dieses unter die Röcke fassen, es gehört auch nicht zu uns, nicht zu seinen Taten zu stehen. Nein! Hier ist es üblich, sich seines Tuns bewußt zu sein und die Verantwortung für sich selbst zu übernehmen. Solche Menschen wollen wir haben, wir wollen uns mit ihnen austauschen und mit ihnen leben, wir haben dann viel miteinander vor, wir wollen die Zukunft zusammen bauen. Aber Leute, die sich frauenverachtend verhalten, gehören nicht zu uns!