An der Späthstraße in Britz rauschen LKWs, Busse und Motorräder vorüber. Ein Zaun umgibt zwei langgezogene, blau, braun, gelb und grün bemalte Gebäude. Ansonsten ist das Gelände für jedermann zugänglich, Laster und Bauwägen stehen neben aufgeschütteten Sandbergen. Rot-weißes Absperrband flattert im Wind.
Gegenüber liegen eine Tankstelle, eine Autowerkstatt und ein Metallhandel. Nebenan gibt es gleich drei Discounter mit großen Parkflächen vor den Eingängen. Es ist nicht weit zur U-Bahn-Station Blaschkoallee und zum Park am Buschkrug. Wenige hundert Meter weiter östlich führt die Späthstraße über eine Brücke. Darunter verlaufen der Teltow-Kanal und die Autobahn A 113.
Knapp die Hälfte der Bewohner sind Kinder
Anfang März hat hier ein neues Flüchtlingsheim eröffnet. Knapp 200 Menschen haben ihre Zimmer bezogen. Die meisten sind Syrer, Afghanen, Vietnamesen, Serben und Bosnier. Knapp die Hälfte der Bewohner sind Kinder. Alle haben bereits drei Monate in Erstaufnahmeeinrichtungen verbracht, sind also nicht ganz neu in Deutschland. Im April sollen weitere Flüchtlinge im zweiten Gebäude einziehen. Insgesamt werden dann etwa 400 Menschen dort leben.
Grundsätzlich ist es möglich, dass Journalisten Flüchtlingsheime besuchen. Allerdings möchte das zuständige Landesamt für Gesundheit und Soziales (LAGeSo) den Bewohnern in der Späthstraße erst etwas Zeit geben, um sich einzuleben. Daher lässt sich das neue Heim bislang noch nicht besichtigen.
Verlassen wir uns also zunächst auf offizielle Auskünfte: Die Unterbringung entspreche den Qualitätsstandards des Landesamtes, sagt Pressesprecherin Silvia Kostner. Das heißt: Für einen Erwachsenen sind sechs bis neun Quadratmeter vorgesehen, für ein Kind vier. Paare und junge Familien sind zusammen untergebracht. Alleinstehende Erwachsene und größere Kinder haben eigene Zimmer. Die Flüchtlinge versorgen sich selbst. Es gibt mehrere Küchen. Das Gelände zwischen den beiden Gebäuden soll später als Innenhof dienen, in dem Kinder spielen und Erwachsene im Freien sitzen können. Dafür müsse es allerdings erst begrünt werden, erklärt Kostner.
Anwohner wurden frühzeitig einbezogen
Anders als in Marzahn-Hellersdorf, wo es bei der Eröffnung einer Flüchtlingsunterkunft im September 2013 zu Protesten Rechtsextremer und sogar zu Übergriffen auf Asylbewerber und Gegendemonstranten kam, verlief der Einzug in Britz friedlich. Zwar gab es am Wochenende zuvor eine Kundgebung in der Späthstraße, bei der 16 NPD-Anhänger auf etwa 200 Gegendemonstranten trafen. Zu Ausschreitungen kam es jedoch nicht. Die Vorgehensweise des Bezirks, Anwohner frühzeitig durch Broschüren und Runde Tische über die Planung des Heims zu informieren und so Ressentiments entgegenzuwirken, war offenbar erfolgreich.
Betreiber des Heims ist die private Wohngesellschaft PeWoBe. Als Leitung von Flüchtlingsunterkünften in Berlin stand sie schon mehrfach in der Kritik. In Grünau etwa gab es im November 2013 Vorwürfe, das Haus sei schmutzig, Duschen und Toiletten reichten nicht aus. Die Initiative „Multitude“, die Deutschkurse für Bewohner anbot, hielt dem Amt vor, den Betreiber nicht ausreichend zu kontrollieren. Auf den öffentlichen Druck hin wurden im Dezember zwei Mitarbeiter beauftragt, die Einhaltung der Qualitätsstandards regelmäßig zu überprüfen.
Neukölln muss mehr Flüchtlinge aufnehmen
Dass das neue Heim in Britz errichtet wurde, liegt nicht allein an den hohen Asylbewerberzahlen, sondern auch daran, dass Neukölln bislang kaum Asylbewerber aufgenommen hat: Im Juli 2013 waren es gerade einmal 13. In Mitte, Spandau, Tempelhof-Schöneberg und Reinickendorf waren es zum gleichen Zeitpunkt jeweils über 800, in Lichtenberg sogar knapp 1200. Das LAGeSo strebt jetzt eine gleichmäßige Verteilung über die Bezirke an. Neukölln soll in den kommenden Jahren mehr als 500 Flüchtlinge aufnehmen.
Die Unterbringung an der Späthstraße erfolgt allerdings nur übergangsweise. Das Landesamt kann das Gelände lediglich befristet bis Ende Dezember 2015 nutzen. Dann muss es unbebaut zurückgegeben werden. Die Suche nach einem dauerhaften Standort wird also weitergehen.