Wie viele Kunsträume gibt es eigentlich in Neukölln? Das fragte sich das Kulturnetzwerk Neukölln vor etwa drei Jahren. Von rund 70 Orten, die sie dabei recherchierten, entwickelten 18 zusammen die Plattform Kunsträume Neukölln/ Art Spaces Neukölln. Ihr Ziel: die Vielfalt der freien Neuköllner Kunstszene stärker zum Ausdruck zu bringen, auch über Neukölln hinaus sichtbarer zur werden und gemeinsame Öffentlichkeitsarbeit zu betreiben.
Doch was sind Art Spaces bzw. Kunsträume eigentlich? Nadine Lorenz, seit März dieses Jahres Teil des Teams des Kunstfestivals 48 Stunden Neukölln und Koordinatorin des Moduls Artspace Lab weiß, dass es nicht einfach ist, einen gemeinsamen Arbeitsbegriff zu finden. „Da gibt es viele Worte, die eigentlich dasselbe beschreiben.“ Im Vergleich zu anderen Netzwerken sind bei den Art Spaces Neukölln auch kommerzielle Galerien wie die Schwarz Contemporary dabei und auch die kommunalen Galerien im Saalbau und im Körnerpark.
Projekte jenseits der Verwertungslogik
Daneben sind klassische Projekträume und Kunstlabore vertreten, wie das SomoS oder das SPEKTRUM. Orte, die sich immer wieder für andere Künstler öffnen und gerne als Plattform dienen und die – anders als bei kommerziellen Galerien – jenseits von einer Verwertungslogik funktionieren. So zeigt SomoS bei 48 Stunden Neukölln die Gruppenausstellung „Personae“. Sechs Künstler beschäftigen mit dem Spannungsfeld der überzogenen Wirklichkeit im Netz und mit den Verhaltensstrukturen der digitalen Identität. Besucher der „Sonic Code Sessions“ im SPEKTRUM können mit dem eigenen Smartphone eine Rolle bei eine partizipativen Soundinstallation übernehmen.
„Wir fassen den Begriff ‚Art Space‘ weiter und versuchen wirklich alles darunter zu subsummieren, was Kunst präsentiert. Aber in unserem Verständnis gibt es natürlich viel mehr Kunsträume, die noch nicht im Netzwerk sind, die man aber perspektivisch auch gerne dabei hätte“, so Lorenz. Und das Netzwerk ist auf Selbstorganisation angelegt. „Wir hoffen einfach, dass sich das von selbst erweitert und wächst.“
Stadtpolitisch relevant
Eine Erweiterung gab es auch bezüglich der Finanzen, denn der Berliner Senat hat in diesem Jahr 48 Stunden Neukölln in den Festivalfond aufgenommen. Das Team rund um die Festivalleitung hat sich mit verschiedenen Modulen für die Förderung beworben – eines davon waren die Artspace Labs. Zum ersten Mal in der 20-jährigen Festivalgeschichte können nun Ausstellungshonorare bezahlt und Sachmittel zur Verfügung gestellt werden.
Ein großes Glück, findet Nadine Lorenz: „Jetzt ist mehr Qualität bei der Präsentation der Ausstellung möglich, die auch zum jeweiligen Künstler passt und nicht einfach nur mit dem Nötigsten auskommen muss.“ Elf Art Spaces haben Geld aus dem Fond erhalten. „Wir haben die Zusage zur Förderung so spät bekommen, dass wir diesmal gar kein Bewerbungsverfahren mehr machen konnten, und stattdessen in den Dialog mit Art Spaces getreten sind und gefragt haben, ob und wo Bedarf ist. Aber nächstes Jahr werden wir ein transparentes Bewerbungsverfahren durchführen“, so Lorenz.
Mehr Sichtbarkeit
Dass die freie Neuköllner Kunstszene auch berlinweit mehr Relevanz erfährt, zeigte sich im letzten Jahr auch bei der Vergabe des Preises zur Auszeichnung künstlerischer Projekträume und -initiativen. Die Preise sind jeweils mit 30.000 Euro dotiert und werden vom Berliner Senat vergeben. Unter den letztjährigen Preisträgern waren WerkStadt e.V., DonauXGanghofer, La Plaque Tournante, >top Schillerpalais und eine freie Initiative ohne Ort. Die überregionale Anerkennung der Neuköllner Kunsträume ist also groß. Die Qualität wird wertgeschätzt – und nun gibt es sogar noch eine zusätzliche Fördermöglichkeit im Rahmen des Kunstfestivals 48 Stunden Neukölln.
Das Kunstfestival „48 Stunden Neukölln“ findet vom 22. bis 24. Juni an vielen verschiedenen Orten im Bezirk statt und steht in diesem Jahr unter dem Motto: „Neue Echtheit“. Der Neuköllner ist Medienpartner.