Anfang Oktober attackierten Rechtsextreme ein Asylbewerberheim in Johannisthal an der Stadtgrenze zu Rudow – auch das Anton-Schmaus-Haus der sozialistischen Kinder- und Jugendorganisation „Die Falken“ in Britz wurde zum wiederholten Male Opfer von Angriffen mit rechtsextremen Hintergung: Die Angreifer besprühten den Holzzaun des Geländes mit Hakenkreuzen und dem Spruch „Ihr interessiert uns brennend“, eine Anspielung auf die Brandanschläge auf das Anton-Schmaus-Haus im letzten Jahr.
Nach den letzten Brandanschlägen, kündigte die Versicherung den Falken. Um eine neue Versicherung zu finden, muss ein moderner Sicherheitszaun errichtet werden. Kosten, die ohne Spenden nicht zu stemmen sind. Deshalb wandten die Falken sich damals an den Senat, der eine Unterstützung jedoch nicht für notwendig hielt. So kam der Senat auch nicht dem Wunsch der Falken nach einem nächtlichen Objektschutz nach. Letztlich war so „erst durch die Schmierereien der Punkt erreicht, dass die Stadt Handlungsbedarf sah“, erklärt Karsten Thiemann, Kreisvorsitzender der Neuköllner Falken. Eine Tatsache, die ihn enorm ärgert, da scheinbar „immer erst etwas passieren muss“ bevor gehandelt wird.
Jetzt wird jedoch endlich gehandelt und die Stadt übernimmt einen Teil der Kosten für den neuen Zaun. Auch gibt es nun einen Objektschutz für das Anton-Schmaus-Haus, bis der neue Zaun errichtet ist. Dennoch ist die Gesamtsituation nicht zufriedenstellend für die Neuköllner Falken: „Es ist ärgerlich, wenn man sieht, was sonst mit dem Geld gemacht werden könnte“, erklärt Thiemann. Genauso wie dies letztlich auch keine Lösung für das Grundproblem ist, denn „dass Jugendliche von uns auf der Straße angegriffen werden, ändert sich dadurch nicht“, gibt er zu bedenken.
Problem mit Rechtsextremismus blieb lange unbeachtet
Dass es rechtsextreme Gruppen in Neukölln gibt, daran ändert auch ein Schutzzaun nichts. Auch gibt es diese Gruppen nicht erst seit den letzten Anschlägen auf das Anton-Schmaus-Haus, Asylbewerberheime und andere Einrichtungen in Neukölln. „Wir haben ein Problem mit rechten Strukturen. Aber das Problem ist nicht neu“, erklärt Thiemann. Lange Zeit wurde es jedoch einfach von der breiten Öffentlichkeit übersehen oder herunter gespielt. Erst durch die „medienwirksamen“ Taten der letzten Zeit sei der Rechtsextremismus in Neukölln mehr in den Blickpunkt geraten, so Thiemann weiter. Doch werde wohl auch die aktuelle Sensibilität für das Thema wieder vorübergehen, vermutet er, dann wenn die erste große Aufregung nach den aktuellen Anschlägen erst einmal verflogen sein wird.
Ähnlich sehen es Vertreter der Autonomen Neuköllner Antifa. Auch sie beobachten schon lange rechte Gruppen und Strukturen in Neukölln. Diese ließen sich spätestens seit 2003 mit der Gründung von Kameradschaften nachweisen. Dass die Angriffe aber ein Zeichen dafür sind, dass die Bewegungen in letzter Zeit in Neukölln einen Zuwachs erhalten würden, bezweifelt die Neuköllner Antifa. Stattdessen verlagerten sich die Aktionen der rechten Gruppen einfach: „Da man zu politischer Arbeit nicht in der Lage ist, verlegt man sich auf Gewalt, um in die Öffentlichkeit zu kommen und ein Bedrohungsszenario zu erzeugen“, sagt ein Antifa-Mitlgied. Und so schaffen diese neuerlichen Aktionen zwar eine größere Öffentlichkeit, doch lassen sie sich gleichzeitig im Zweifel eben auch von nur zwei oder drei Tätern durchführen. Ein Wachstum der Gruppen ist allein dadurch also nicht erkennbar, dafür aber ihre zunehmende Radikalität.
Intensive Ermittlungen, keine Ergebnisse
Trotz dieser teils brenzligen Situation kann die Polizei bisher jedoch keine Fahndungserfolge vorweisen. Auf Anfrage hieß es, dass die Ermittlungen zur neuerlichen Tat auf Hochtouren liefen und vom Staatsschutz geleitet werden. Bisher gibt es jedoch keine Ergebnisse. Aussagen die erstaunlich wirken, spricht man mit Vertretern der Autonomen Neuköllner Antifa: „Es ist ein relativ überschaubarer Personenkreis, der sich gut rekonstruieren lässt. Und wenn selbst uns teils klar ist, wer hinter den Taten steht, ist natürlich die Frage, wieso da keine Ermittlungserfolge erzielt werden konnten.“ Gründe, wegen denen man sich manchmal vielleicht doch „dem Eindruck nicht ganz erwehren“ kann, dass in dieser Richtung nicht mit ganzer Kraft ermittelt wird.
Themen, die bei den Neuköllner Falken zurzeit hinter den Fragen zum Bau des Zaunes hintenan stehen. „Der Plan ist, den Zaun noch im Herbst fertig zu stellen“, erklärt Thiemann. Und auch wenn das schwer werden wird, ist er zuversichtlich, den Bau bis zum Winter abzuschließen. Das Anton-Schmaus-Haus hätte dann sein „Bollwerk gegen Nazis“. Bis ganz Neukölln soweit ist, muss jedoch noch einiges in Sachen Aufmerksamkeit und aktiver Gegenarbeit geleistet werden.