Das Haus, das Verrückte macht

Im alltäglichen Kampf um die eigene Existenzsicherung gleicht der Besuch des Jobcenters Neukölln mindestens einer von zwölf Herkulesproben. (mehr …)

Donnerstag, 8. November 2012

Wir müssen im Leben so einige Proben bestehen, was wäre unser Dasein auch ohne Herausforderungen. Nur muss es nicht gleich die Eroberung Roms sein wie bei Asterix. Den Passierschein A38 zu besorgen, ist die 8. von Gajus Pupus gestellte Herkulesprobe, die Asterix und Obelix im Film „Asterix erobert Rom“ bewältigen müssen. Die Aufgabe ist eine Formalität verwaltungs-technischer Art. Eine ähnliche Herausforderung ist der wöchentliche Gang zum Jobcenter im Leben eines Sozialgeldempfängers.

Beim stundenlangen Ausdauerwarten muss man sein Anliegen über einen meterhohen Tresen vortragen, über den man gerade so hinweg blinzeln kann. Schließlich wird man doch wieder  ins oberste Stockwerk geschickt. Selbstverständlich darf man sich dann wieder anstellen, auch wenn man falsch informiert wurde. Selbst bei Hochschwangeren ist man gnadenlos und wird nach eineinhalb Stunden Anstehzeit ohne nützliche Auskunft wieder weggeschickt. Nirgendwo gibt es Sitzgelegenheiten. Angenehm oder leicht soll es einem nicht gemacht werden. Mit allerletzter Dramatik und wilden Gebärden kann man sich manchmal noch Gehör verschaffen. Unmittelbar treten Torturen des Mittelalters vor das geistige Auge. Demütigung und Erniedrigungen finden hier tagtäglich statt und alle werden zu Zuschauern des Spektakels. Nach unten treten ist immer gut, hier hat jeder mal die Chance. Der Untertanengeist sitzt tief.

Unorganisierter Ameisenhaufen

Fakt empirischer Selbsterfahrungen ist: Hier weiß wirklich keiner was der Andere tut! Je mehr Bearbeiter man fragt, desto variationsreicher die Antworten. Das Jobcenter in Neukölln ist in Hochbetrieb und gleicht einem riesigen Ameisenhügel. Nur scheint dieser wuselnde Ameisenhaufen im Vergleich zu seinen tierischen Artgenossen wesentlich weniger organisiert und weniger sozial orientiert. Liegt es vielleicht daran, dass es keine Königin gibt im Jobcenter oder daran dass wir keine Ameisen sind? Der Spekulationen kann man viele anstellen.

Offensichtlich ist: keiner weiß hier so richtig Bescheid. Aber das spielt keine Rolle und soll auch so bleiben. Der Kunde stellt sich regelmäßig die Frage bei der Ergründung der Ursache von Fehlbescheiden,  Fehlverhalten und fehlendem Respekt: Inkompetenz durch Schwachsinn oder Schikane? Im tagtäglichen Kampf der Existenzsicherung geht es nicht um die Eroberung Roms, aber um eine würdevolle Grundsicherung.