Der Wagenplatz in der Kiefholzstraße war Anstoß für eine Kundgebung vor dem Rathaus. Dort soll eine von fast 70 neuen Unterkünften für Geflüchtete entstehen. Es ist das einzig derzeit bewohnte Gelände auf der Liste. Hier zeigt sich ein linkes Dilemma: Ein queer-feministischer Wagenplatz, der großes Engagement für Geflüchtete zeigt, soll ersetzt werden durch eine modulare Flüchtlingsunterkunft. Zurzeit leben auf den 8000 Quadratmeter gut 20 Personen, geplant sind Unterkünfte für 500. Sich gegen Geflüchtete stellen, will man nicht, den Platz für die Unterkunft räumen, sieht jedoch auch niemand ein. Vielmehr wird für eine dezentrale Unterbringung plädiert.
Wagenplatz vs. Flüchtlingsunterkunft
Die Bezirkspolitik, das Berliner Immobilienmanagement und der Trägerverein des Wagenplatzes verheddern sich dabei in einer Zwickmühle nach der anderen. Bezirksbürgermeisterin Giffey (SPD) verlangt Gemeinnützigkeit, damit sie sich für die Rettung des Projektes einsetzt, wie beispielsweise im Fall des integrativen Mitmachzirkus. Beurteilen kann sie dies jedoch nicht, da sie sich trotz Protestschreiben und Kundgebung noch nicht mit dem Projekt auseinandergesetzt hat. Die Aktiven des Wagenplatzes betonen eben diese Gemeinnützigkeit aufgrund ihres Engagements für Geflüchtete. Der angebotene Mietvertrag des Berliner Immobilienmanagements, welcher den Wagenplatz legalisieren könnte, verbietet wiederum eben jenes Engagement.
Eine Lösung wäre eine Aufteilung des Geländes, worüber jedoch der Bezirk nicht entscheiden kann. Komplett und unverzüglich räumen will nur die CDU. Um mit den Betroffenen in weiteren Dialog treten zu können, wurde die Debatte in den Ausschuss für Verwaltung und Gleichstellung vertagt. Denn in der BVV selbst haben die Aktiven kein Rederecht.
Dicke Luft bei Friedel54
Auch die Aktiven des Projektes Friedel54 aus dem Reuterkiez waren in der BVV zugegen. Nicht tragbare Mieterhöhungen und die Kündigung des Kiezladens im Erdgeschoss sind seit längerem Gegenstand von Streitigkeiten. Und dass, obwohl das Gebiet mittlerweile offiziell als Milieuschutzgebiet deklariert ist.
Dem Hilfsgesuch der Aktiven begegnete der Bezirskstadtrat Blesing (SPD) mit Achselzucken. Hierfür sei die Bezirksverwaltung nicht zuständig und der Milieuschutz greife aufgrund personeller Engpässe noch nicht. Blesing verwies die Fragesteller an die Beratung des Mietervereins. Matthias Sander vom Kiezladen-Kollektiv zeigte sich empört: „Sich vor der Verantwortung zu drücken ist eine Sache. Den Mietern eines Hauses, in dem seit über eineinhalb Jahren ein sich stetig eskalierender Konflikt mit den Eigentümern ereignet, dann noch zu raten, er solle doch einfach mal eine Mieterberatung aufsuchen, ist eine absolute Frechheit.“
Bereits seit mehreren Monaten hat Neukölln Milieuschutzgebiete. Passiert ist bisher wenig. Grund ist ein Mangel an Personal und Mitteln für neues Personal. Nachdem der Senat die Finanzierung einer Mitarbeiterstelle für Milieuschutz abgelehnt hat, muss diese selbst finanziert werden. Die gute Nachricht: In den nächsten Monaten geht es endlich los. Für die Aktiven von Friedel54 kommt diese Hilfe dann wohl zu spät.
Emsianer gegen den Leerstand
Eine weitere Initiative, diesmal aus der Emser Straße, war am Mittwoch ebenfalls zugegen: die Emsianer. Sie haben dem Bezirk eine Liste mit leerstehendem Wohnraum vorgelegt und wollten deren Rückführung in den Wohnungsmarkt erreichen. Wieder konnte der Bezirksstadtrat Blesing (SPD) die Fragestellenden nur enttäuschen: Jeglicher gemeldeter Leerstand sei rechtens.
Wohnräume dürfen regulär bis zu sechs Monate leer stehen, zwölf Monate bei Modernisierungs- und Instandsetzungsmaßnahmen. Erst danach bedarf es einer Genehmigung durch das Bezirksamt. Der Bezirksstadtrat verwies darauf, dass das betroffene Verbot erst seit Frühsommer 2014 in Kraft sei und sich auf Ferienwohnungen konzentriere. Über 300 solcher Wohnungen müssen ab Mai dem allgemeinen Wohnungsmarkt in Neukölln wieder zur Verfügung gestellt werden.
Schmerzensgeld für Erzieher?
Aus der Kategorie Kindergarten hielt noch das Thema Kopfpauschale Einzug in die BVV. Bezirksstadtrat Falko Liecke (CDU) möchte ab April jeder neu eingestellten Fachkraft im Kindergarten 1.000 Euro Prämie zahlen. Der Großteil der Nicht-CDU-Bezirksverordneten wertet diesen Vorstoß als Teil des Vorwahlkampfes um das Amt des Bezirksbürgermeisters. Fakt ist: Besonders soziale Brennpunkte in Neukölln finden kein Personal mehr. Ob eine Art Schmerzensgeld für das Arbeiten in Neukölln das Problem lösen kann und grundsätzlich rechtens ist, ist höchst umstritten. Bezirksstadtrat Liecke dazu: „Die Finanzverwaltung droht mir mit Haftung, wenn ich den Vorschlag umsetze.“