neukoellner.net: Armin, wie kam es zum Rauswurf aus deiner Ausbildungsstätte, dem Abraham Geiger Kolleg?
Armin Langer: Die offizielle Begründung ist, dass ich ohne die Genehmigung des Kollegs Interviews gegeben habe und mit verschiedenen Medien korrespondierte. That’s it. Aber ich muss dazu sagen, ich bin mir sehr sicher, dass es dem Kolleg vor allem um den Inhalt meiner Aussagen in verschiedenen Interviews und Artikeln ging.
Woher kommt diese Annahme?
Im Grunde stand das Kolleg meinen Aussagen und meiner Arbeit in der Salaam Schalom Initiative schon immer sehr kritisch gegenüber. So teilte mir der Pressesprecher des Kollegs, Hartmunt Bomhoff, während meinen zweieinhalb Jahren Ausbildungszeit sowohl mündlich als auch schriftlich mehrfach mit, dass ein jüdisch-muslimischer Dialog nicht erwünscht sei. Das Thema sei “zu heikel”. Sie haben nur ein einziges Mal positive Worte über meine Arbeit außerhalb des Kollegs verloren und das war, als Bundespräsident Joachim Gauck unsere Salaam Schalom Initiative im Sommer 2014 zu sich nach Bellevue einlud.
Was hat es mit der Regel des Kollegs auf sich, dass du eine Erlaubnis brauchst, um Interviews zu geben?
In meinem Ausbildungsvertrag steht nichts von dieser Regel. Es gibt jedoch ein Handbuch für Studierende, in dem erwähnt wird, dass angehende Rabbiner bei Medienanfragen eine Rücksprache mit dem Pressesprecher des Kollegs halten sollen. Das Handbuch habe ich allerdings nie unterschrieben und die Aussagen, die ich von mir gegeben habe, bezogen sich nicht immer auf meine Ausbildung am Geiger Kolleg. Wäre dies der Fall gewesen, könnte ich das ja noch nachvollziehen, aber ich sprach und schrieb als Privatperson oder als Vertreter von Salaam Schalom. Des Weiteren haben ich im Januar 2015 ein Schreiben des Pressesprechers bekommen, in dem mir eine Zusage erteilt wird, Interviews als Vertreter unserer Initiative geben zu dürfen, wenn der Inhalt der Interviews nicht meine Ausbildung betrifft.
Einen Monat später hast du in der RBB-Abendschau den Präsidenten des Zentralrats der Juden, Josef Schuster, auf einen Spaziergang nach Neukölln eingeladen. Dieser hatte zuvor behauptet, es sei gefährlich, in Neukölln eine Kippa zu tragen und der Bezirk sei eine No-Go-Area für Juden. Was geschah danach?
Daraufhin wurde mir mitgeteilt, dass ich entweder keine weiteren Interviews mehr gebe oder mit einem Rauswurf rechnen muss. Ich habe dann monatelang alle Interviewanfragen abgesagt und viele Journalisten angelogen. Ich wollte nicht sagen, dass ich unter Druck stehe und habe Ausreden erfunden, warum ich Interviewtermine nicht wahrnehmen konnte. Das war mir damals sehr peinlich und das ist es auch bis heute. Ich habe nie damit gerechnet, dass sie ihre Drohung ernst machen würden.
Deine Schweigephase dauerte nicht sehr lange an. Im November 2015 veröffentlichte die taz einen Kommentar von dir, in dem du die Forderung Schusters nach einer Obergrenze für Flüchtlinge (Begründung: Muslimischer Antisemitismus sei ein ethnischen Problem) als rassistisch bezeichnest. Ebenso unterbreitetest du den Vorschlag, dass sich die Vertretung in den “Zentralrat der rassistischen Juden” umbenennen sollte. Glaubst du, dass das Brechen deiner Medienabstinenz deinen Rauswurf am Geiger Kolleg befördert hat?
Erst einmal möchte ich sagen, dass ich mich für meine verletzenden Aussagen bereits bei Herrn Schuster entschuldigt habe. Der Zentralrat der Juden ist keine rassistische Vertretung. Ich habe diesen Kommentar damals in einem höchstemotionalen Zustand verfasst und meine Wortwahl war unangemessen. Meine Kernbotschaft halte ich jedoch immer noch für berechtigt. Die Forderung Schusters nach einer Obergrenze mit der Begründung, dass Araber von ihrer Ethnie her antisemitisch sind, halte ich für rassistisch. Kein Wunder, dass sich Lutz Bachmann über Schusters Aussagen freute. Für mein Kolleg war das ein Schritt zu viel – sie warfen mich raus. Ich glaube alle begehen Fehler und ich habe mich für meinen entschuldigt. Es wäre schön wenn das Kolleg diesen Schritt auch geht.
Wie erklärst du dir die Aussagen Schusters?
Ich glaube, dass Menschen wie Herr Schuster in einer ganz anderen Realität leben als wir Neuköllner Juden. Das kann man ihm nicht vorwerfen, aber man kann die daraus resultierenden Vorurteile abbauen. Deshalb habe ich ihn ja auch vor einem Jahr in unseren Bezirk eingeladen – damals war er für die Idee noch offen. Die Einladung steht immer noch, obwohl ich ihm keine Vorwürfe machen würde, wenn er nach dieser Geschichte nichts mehr mit mir unternehmen will.
Wie passt dieser Rauswurf zu einem Kolleg für Rabbiner, welches sich selbst als progressiv und liberal beschreibt?
Es passt nicht besonders gut. Was gibt es Repressiveres, als jemandem ein Grundrecht zu verweigern? Und das von einer Institution, die mit öffentlichen Geldern gefördert wird.
Gibt es für dich denn eine Möglichkeit zu deiner Ausbildungsstätte zurückzukehren?
Ja, es gibt die Möglichkeit. In zwölf Monaten kann ich mich erneut einschreiben. Das werde ich auch tun, so Gott will. Das wird allerdings nur geschehen, wenn das Kolleg mein Grundrecht auf freie Meinungsäußerung akzeptiert. Sollte dies nicht geschehen, werde ich mich nach einem anderen Rabbinerseminar umsehen müssen.
Also möchtest du auch weiterhin Rabbiner werden?
Ja, die Entscheidung steht fest.
Kommentare:
Der liebe Herr Langer läuft mit Palituch durch Neukölln, nicht mit Kippa!
Natürlich wird et so nicht angegriffen!
Man Google mal seinen Namen und findet die Bilde ohne Probleme..
Einfach nur erbärmlich…