„Wer ist eigentlich dieses Neukölln?“ Auf jeden Fall ein Ort, an dem sich die gesellschaftlichen Fragen des 21. Jahrhunderts besonders gut ablesen lassen, so stellen die Bürgerstiftung Neukölln, Wissenschaft im Dialog und das Wissenschaftszentrum Berlin für Sozialforschung gemeinsam fest: Gibt es Arbeit für alle, und zwar befriedigende Arbeit? Können wir allen gute Bildungschancen bieten? Können wir die kulturelle, soziale und weltanschauliche Vielfalt nutzen, anstatt uns voneinander abzuschotten? Es ist vor allem ein Ort, der einen starken Wandel durchlebt – und deshalb beliebtes Experimentier- und Analysefeld für Sozialwissenschaftler.
Doch zu welchen Ergebnissen kommen die Wissenschaftler und was passiert mit den gewonnenen Erkenntnissen über Neukölln? Die drei oben genannten Institutionen möchten die Kluft zwischen Forschungsgegenstand und Forschenden verkleinern. Im Rahmen der Veranstaltung „Fokus Neukölln – Bürger. Forschung. Dialog.“ in der Villa Neukölln haben sie Wissenschaftler eingeladen, ihre Studien über Wohnen, Leben und Lernen in Neukölln vorzustellen.
Die Forschungsthemen des Abends:
Ausgrenzungs- und Abwertungsprozesse in einem umkämpften Raum. Manuela Freiheit von der Universität Bielefeld hat sich mit den sozialen Beziehungen und Konflikten vor dem Hintergrund zunehmend umkämpfter Räume befasst.
Das Experiment der verlorenen Briefe – Solidarität in Neukölln. Susanne Veit vom Wissenschaftszentrum Berlin für Sozialforschung hat adressierte und frankierte Briefe absichtsvoll fallen lassen auf Gehwegen in Neukölln – mit unterschiedlichen ethnischen und religiösen Absendern und Empfängern – und dann beobachtet, welche ihre Zieladresse erreichten.
Zusammenleben in Nord-Neukölln. Eine Bestandsaufnahme. Albrecht Lüter und Aline-Sophia Hirseland von Camino Berlin interessierten sich vor allem für Diskriminierungserfahrungen, insbesondere vor dem Hintergrund, dass immer wieder Vorwürfe im Raum stehen, dass der Alltag hier von Rassismus, Islamfeindlichkeit, Antiziganismus und nicht zuletzt Deutschenfeindlichkeit gekennzeichnet sei.
Berufliche Strategien und Statuspassagen von jungen Erwachsenen mit Migrationshintergrund im deutsch-französischen Vergleich. Über Gemeinsamkeiten und Unterschiede forschte Carsten Keller von der Universität Kassel.
Neukölln als Nekropole – Vergegenwärtigung von Kriegstod. Von Prof. Dr.-Ing. Susanne Junker, Beuth Hochschule für Technik.
Die wissenschaftlichen Stoffe bergen viel Diskussionspotenzial – und genau darum geht es den Organisatoren von „Fokus Neukölln“: mit den Bezirksbewohnern darüber ins Gespräch zu kommen. Es darf also hitzig debattiert werden in der Villa Neukölln. Und die Neuköllner sind gefragt, sich die Deutungshoheit über ihren Bezirk zurückzuerobern.
„Fokus Neukölln – Bürger. Forschung. Dialog“ (Event bei Facebook), am 2. November 2015, ab 19-21 Uhr in der Villa Neukölln (Hermannstrasse 233, 12049 Berlin), Eintritt frei – neukoellner.net ist Medienpartner