Keine Spur vom Mörder

Burak_01Zwei Jahre nach dem Mord an Burak B. gibt es keine Hinweise auf die Hintergründe der Tat. Doch seine Familie und Freunde wehren sich gegen das Vergessen. Zusammen mit einer Initiative organisieren sie eine Demonstration am 5. April 2014 vor dem U-Bahnhof Neukölln. Sie fordern Aufklärung, und sind unzufrieden mit der Arbeit der Berliner Polizei.

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Text:

Mittwoch, 2. April 2014

Text: Karl Grünberg

Eine Kugel beendete das Leben von Burak B. in der Nacht zum 5. April 2012. Mit seinen Kumpels stand der 22-jährige Neuköllner an einer Bushaltestelle in der Rudower Straße. Sie waren auf dem Weg nach Hause, alberten aber noch rum, lachten, hatten Spaß. Buraks Familie wohnte um die Ecke in einer Straße mit Einfamilienhäusern und Vorgärten, eine für Neukölln ungewohnte Beschaulichkeit. Und eine Gegend, in der man das, was gleich geschehen würde, nicht vermutet hätte.

Zwei Freunde schwer verletzt

Keiner hatte ihn kommen sehen, aber auf einmal stand er zwischen ihnen. Ein Mann, den die Berliner Polizei später als zwischen 40 und 60 Jahren, als zwischen 1,70 und 1,80 Meter groß beschreibt. Und dieser Mann schoss, einmal, zweimal, viele Male. Burak B. starb, zwei seiner Freunde wurden schwer verletzt.

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Offene Fragen zum Mord an Burak B., Quelle: burak.blogsport.de

Knapp zwei Jahre später: Buraks Mutter, Melek, sitzt auf einem Stuhl, schaut in die Augen ihres Sohnes und hört sich die Geschichte seines Todes noch einmal an. Auf dem Bild, das der Beamer des Jugendzentrums, nur ein paar Straßen vom Tatort entfernt, an die Leinwand wirft, trägt Burak dicke weiße Kopfhörer und dieses Grinsen auf den Backen. Voller Lust aufs Leben.

Erdrückende Stimmung

Doch ein Wort schleudert einen zurück in die Realität und zum Grund dieses Abends: „Hingerichtet“.Eine Woche vor Buraks zweitem Todestag haben sie sich im Anton-Schmaus-Haus in Britz versammelt: Freunde, Angehörige und Mitglieder der Initiative zur Aufklärung des Mordes. Sie wollen noch einmal über den Stand der polizeilichen Ermittlungen berichten, ihre Forderungen loswerden, über die Demonstration am 5. April 2014 informieren.

Die Stimmung in dem mit Transparenten und Plakaten behängten Jugendzentrum ist ernst, fast erdrückend. Sie glauben nicht, dass die Polizei ausreichend viel getan und vor allem in die richtige Richtung ermittelt hat. Helga Seyb von der Berliner Opferberatung „ReachOut“ und eine Sprecherin der Initiative kritisiert, dass die Polizei Hinweise auf einen möglichen rassistischen oder rechtsextremen Hintergrund nicht ausreichend untersucht hätte. Fünf Jugendliche, Kinder von Eltern türkischer, jugoslawischer und russischer Herkunft, stehen zusammen und plötzlich wird ohne erkennbaren Grund auf sie geschossen. „Das erinnert an die Morde des NSU“, erklärt Seyb. Die rechtsextreme Terrorzelle war nur knapp ein halbes Jahr zuvor aufgeflogen. Ein Trittbrettfahrer? Ebenfalls in diese Zeit und ebenfalls in Neukölln fallen Brandanschläge, Überfälle und Graffitis mit rechtsextremem Hintergrund.

„Wir dürfen nicht blind sein“

Doch Cem, ein Bekannter Buraks, widerspricht: „Auch wir dürfen nicht blind sein. Es kann auch einfach ein Frustrierter gewesen sein, wir dürfen uns nicht versteifen.“ Eine Frau, um die 40 Jahre, wirft dazu ein: „Ob rassistisch oder nicht, es ist nicht okay, wenn jemand rumläuft und auf unsere Jugendlichen schießt. Da muss etwas getan werden.“

Dass etwas getan werden muss, denkt sicher auch der Leiter der 6. Mordkommission Bernhard Jaß. Dennoch musste er jüngst gegenüber der Nachrichtenagentur dpa bekannt geben: „Wir konnten bisher leider mit unseren Bemühungen keine Verdächtigen ermitteln und genauso wenig ein Motiv.“ Auch eine Ermittlung in rechtsextremen Kreisen hätte nichts ergeben, so Jaß.

Im Anton-Schmaus-Haus entbrennt eine Diskussion. Doch Buraks Mutter schweigt und schaut auf die Leinwand.

 

Die Initiative zur Aufklärung des Mordes an Burak B. ruft zusammen mit Angehörigen und Freunden für den 5. April 2014 zu einer Demonstration auf unter dem Motto: „Ist Rassismus wieder das Motiv? Wir fordern Aufklärung!“
Start ist um 14:00 Uhr am S+U-Bahnhof Neukölln.