In der Emser Straße wechseln die Läden in einer immer höheren Schlagzahl. Erst Späti, dann Künstleratelier, später eine Bar, manchmal auch ein Wettbüro. Ein älterer Mann steht vor einem leeren Ladenlokal und begutachtet die Fläche durch die Fensterscheibe. „Die Türken machen da bestimmt ein Casino draus.“ sagt er und schüttelt den Kopf. Einige Meter weiter steht „freepussyriot“ mit weißer Farbe auf eine Hauswand gepinselt. Auf der angrenzenden Scheibe schmücken rosa umrandete Buchstaben eine Glasfront und bewerben die Kreativ-Oase von Lara Castor.
Das Graffiti schaute bereits bedächtig auf vorbeilaufende Fußgänger, bevor die blonde junge Frau Anfang Oktober die Räumlichkeiten der Emser Straße 129 bezog. Zwei türkischstämmige junge Männer laufen die Straße herunter, begutachten die verschiedenen Bars und Cafés und rümpfen die Nase. „Die Studenten machen alles so teuer!“ grummelt einer der beiden. Den Laden von Lara Castor beachten sie erst gar nicht. Sie steht für die nächste Generation der Veränderung des Kiezes die man mögen kann oder nicht, sicher aber nicht aufhalten wird.
Sinneswandel in Neuseeland
Lara Castor, 30, geboren in Kaiserslautern, aufgewachsen in München, hat sich mit ihrem ersten Laden berryfair einen kleinen Lebenstraum erfüllt. Es ist eine Mischung aus Second Hand Klamotten, handgemachtem Schmuck und Krims Krams vergangener Zeiten. Sie verkauft Schlüsselanhänger, Haarschmuck, Armbänder, Kissen und Taschen von jungen Kreativen und bietet Fairtrade-Ware aus Nepal an. Künstler können auch zu ihr in den Laden kommen und eigene Ware anbieten. Wichtig sind ihr erschwingliche Preise, gleichzeitig möchte sie ihre Zulieferer angemessen bezahlen.
Dabei wusste Lara, die vor vier Jahren nach Berlin kam, lange nicht, was genau sie in ihrem Laden anbieten möchte, einfach nur „Second Hand“ war ihr zu wenig. Zuvor arbeitete sie selbstständig als Dekorateurin und Stylistin, pendelte sogar zwei Jahre nach München für einen Job. Der große Sinneswandel kam ihr während eines Work and Travel-Aufenthaltes in Neuseeland. Dort war sie für eine Eventagentur tätig, verbrachte viel Zeit mit Künstlern und Artisten. Die Vielzahl an Eindrücken und Inspirationen zeigten ihr, dass sie nicht mehr die Vorstellungen von anderen Menschen umsetzen möchte. „Bei einem Vollzeitjob bleibt letztendlich doch keine Zeit für die eigenen Ideen, man ist irgendwann festgefahren“, sagt sie nüchtern und fügt hinzu: „Der Abstand ist wichtig, um seine eigenen Ideen zu verwirklichen.“
Im Körnerkiez ist sie gelandet, da die Mieten in der Nähe des Tempelhofer Feldes schon zu teuer waren. Auch die Laufnähe zu ihrer Wohnung unweit des Körnerparks war ihr wichtig, denn jeden Morgen folgt ihr ein dreijähriger Mischlingshund namens Nicky zur Arbeit. Der Laden stand leer, jetzt ist er das neue Zuhause von Lara und Nicky. So ist die alte Weisheit auch im „jungen“ Kiez so wahr wie eh und je, die einzige Konstante im Leben ist die Veränderung.
berryfair
Emser Straße 129, 12051 Berlin
www.facebook.com/berryfair.de
Tel: 030 2201 96 94
Kommentare:
könnt ihr mal bitte aufhören, den postillon nachzuäffen?! ich kann nicht mehr vor lachen.