In der aktuellen Spielzeit 2013/14 befinden sich 22 Vereine mit ihren Fußballabteilungen im Spielbetrieb der 1. Herren. Von der Oberliga bis zur Kreisliga C ist alles vertreten und so mancher Traditionsverein mit beeindruckender Geschichte siecht in den Niederungen des Berliner Amateurfußballs vor sich hin. Aber Neukölln war auch immer ein Ort solider Jugendarbeit, wo so mancher Straßenfußballer seine professionelle Laufbahn begann.
Der aktuell am höchsten spielende Klub im Bezirk ist der BSV Hürtürkel. Der BSV feierte in den letzten beiden Jahren zwei Aufstiege hintereinander und spielt als amtierender Berliner Meister seit dieser Saison in der Oberliga Nord. Deutschlandweit produzierte Hürtürkel Schlagzeilen, als vergangenes Jahr kurz vor Saisonschluss beim 16:1-Kantersieg über Aufsteiger Club Italia ein einziger Spieler alle Tore schoss: Safa Sentürk. Der hoch veranlagte Stürmer spielt nach wie vor beim BSV und steht aktuell mit seinem Team auf einem tollen 5. Platz. Kurios: Während man auswärts noch nicht verloren hat, wartet die Elf von Trainer Vedat Beyazit noch auf den ersten Heimsieg im Hertzbergstadion. Am kommenden Sonntag sollte es gegen Schlusslicht Malchower SV (Anstoß 14Uhr) dann soweit sein.
Die Randale von Rudow
Eine Klasse tiefer geht Traditionsverein SV Tasmania an den Start. Der Berlin-Ligist kann auf eine sehr gut funktionierende Jugendarbeit bauen. Das Gelände rund um das Werner Seelenbinder Stadion hat schon so manches Talent hervorgebracht, wobei der Verein zumeist mit seiner einzigen und katastrophalen Saison in der Bundesliga in Verbindung gebracht wird – der Pleitensaison 1965/66. Damals brach man alle Negativrekorde. Nach Insolvenz im Jahr 1973 wurde der Klub aufgelöst. Der heutige Nachfolgeverein verfügt über eine respektable Mannschaft, besetzt mit den drei Topstürmern Vahit Engin, Kevin Gempf und Jack Grubert, die in der vergangenen Saison 51 der insgesamt 71 Tore beisteuerten. Die Trainer Abu Nije und Davor Krznaric wollen in dieser Saison oben mitspielen – mit Platz 12 können sie nach dem 10. Spieltag nicht ganz zufrieden sein.
Am nächsten Sonntag (20.10.), 14:30 Uhr, kommt es in der Berlin-Liga zum Lokalderby zwischen jener Tasmania und dem TSV Rudow. Dort herrscht momentan eitel Sonnenschein. Stets hing man in den letzten Jahren im Abstiegskampf fest und konnte sich teilweise erst zum Ende der Saison retten. In diesem Jahr steht der TSV bislang auf einem respektablen 4. Platz. Damit könnte die vierte Spielzeit in der Berlin-Liga die erfolgreichste des Vereins werden. Und das im 125. Jahr des Bestehens. Allerdings geriet der Verein in der Vergangenheit auch in negative Schlagzeilen. Rechtsradikale Gruppen aus Britz und Rudow nutzten den Klub bei Spielen gegen den traditionell linksorientierten Verein Tennis Borussia als Bühne, um rechtes Gedankengut zu verbreiten, Gästefans einzuschüchtern und diese teilweise zu attackieren. Man kann nur hoffen, dass der TSV sich in Zukunft noch deutlicher von solchen Zuschauern distanziert.
Wettskandal beim Bezirksligisten?
Sehr ambitioniert ist man an der Buschkrugallee bei Concordia Britz. Der Landesligist würde gerne den dritten Platz des letzten Jahres verbessern und mit der Tasmania und dem TSV nächste Saison in der Berlin-Liga an den Start gehen. Momentan ist Concordia teil der Spitzengruppe in der 2. Abteilung der Landesliga. Und Trainer Stephan Wuthe möchte mit einem verstärkten Kader und ruhiger, solider Arbeit diesmal den Aufstieg schaffen. Nicht ganz so ruhig läuft es momentan in der Bezirksliga ab. Dort sorgt ein Neuköllner Verein für mächtig Zündstoff. Der SC Union Südost soll am 8. September ein Spiel des Berliner Pilsener-Pokals verschoben haben. Einige USO-Spieler sollen mutmaßlich auf eine eigene Niederlage gegen den klassentieferen SG Blankenburg gewettet haben. Das Spiel endete 3:6 für die SG. Mittlerweile liegt der Fall vor dem Berliner Sportgericht. Falls hier keine Entscheidung fällt, wird sich wohl bald die Staatsanwaltschaft mit der Angelegenheit beschäftigen.
Im Gegensatz zum Lokalrivalen Union Südost ist Stern Britz noch im Pokal dabei. An der Windmühle setzte man sich vergangene Woche gegen Landesligist 1. FC Lübars mit 2:0 nach Verlängerung durch und hofft nun auf das große Los in der 3. Runde. Die junge Truppe belegt aktuell den 5. Platz in der 2. Abteilung der Bezirksliga. In Führung liegt hier relativ überraschend ein anderer Neuköllner Verein: die DJK Schwarz Weiss. Die so genannten „Adler“ spielen ebenfalls in Britz und zwar im schmucken Stadion Britz-Süd. Trainer Heiko Lambert scheint hier einiges richtig zu machen. Obwohl man vor Saison nicht zu den Favoriten gehörte, steht man nach acht Spieltagen souverän an der Spitze. Mittelfeldspieler Sebastian Hahn führt zudem mit acht Treffern die Torjägerliste an. Abgeschlagen liegt dagegen der vierte Neuköllner Bezirksliga-Verein, Cimbria Trabzonspor, auf dem 15. Platz. Da wird es wohl nächstes Jahr wieder in die Kreisliga A gehen.
Abgestürzte Traditionsvereine
In der Kreisliga A gibt es zahlreiche, traditionsreiche Neuköllner Vereine, die auf eine illustre Geschichte zurückblicken können. Der Frauenfußball-Abteilung des 1. FC Neukölln haftet etwa der zweifelhafte Ruhm an – ähnlich wie der Tasmania bei den Herren -, der erfolgloseste Bundesligist aller Zeiten zu sein. Die Männerabteilung spielte lange Zeit in der Regionalliga Berlin, ehe der langsame Absturz in die Bedeutungslosigkeit begann. Ähnliche Werdegänge gelten für die Vereine VfB Sperber, BSV Grün-Weiß und NFC Rot-Weiß, die mittlerweile allesamt in der Kreisliga A (9. Liga) antreten.
Einen fast beispiellosen Absturz hat zweifelsohne der NSC Marathon 02 hinter sich. 1902 gegründet, spielte man bereits in der Saison 1959/60 in der höchsten Berliner Amateurliga. Höhepunkt der Vereinsgeschichte war das Jahr 1991, als der NSC zunächst ins Berliner Pokalfinale einzog (0:3-Niederlage gegen Türkiyemspor), um kurze Zeit später in der Hauptrundes des DFB-Pokals gegen den späteren Sieger Hannover 96 anzutreten. Was danach kam, steht beispielhaft für viele Neuköllner Vereine: Finanzielles Missmanagement gepaart mit personellen Fehlentscheidungen und gefolgt vom sportlichen Niedergang – bei Marathon bis in die Kreisliga B.
Natürlich gehörte Neukölln nie zu den finanzstarken Bezirken, weshalb finanzkräftige Sponsoren auch relativ rar gesät sind. Schon deshalb sind die meisten Klubs auf massive, ehrenamtliche Arbeit und Unterstützung angewiesen – gerade in den Jugendabteilungen. Ein Besuch eines Spiels für ein wenig Eintritt wäre also auch eine Art Anerkennung der langjährigen Arbeit. Denn fußballerisches Niveau hat der Bezirk en masse zu bieten. Und vielleicht sieht man bei der Gelegenheit einen zukünftigen Profi zu Beginn seiner Karriere.
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