Herr Vierck, seit wann engagieren Sie sich im Comenius-Garten?
Das kann ich Ihnen ganz genau sagen: seit dem 28. März 1992. Das ist der 400. Geburtstag Comenius‘ und der Gründungstag des Gartens. Die Idee dazu hatte ich aber schon seit ungefähr Mitte der Achtziger Jahre.
Gab es dafür einen besonderen Anlass?
Ja, und zwar ein Blick aus dem Fenster auf das Böhmische Dorf. Ich war bei dem damaligen Pfarrer, Albert Schönleber, zu Besuch – bei der Verabschiedung blickte ich hinaus und sagte: „Mensch, das sieht hier aber aus wie in einem Garten des Comenius.“ Tags darauf rief er mich an und wollte wissen, was ein Garten des Comenius sei.
Und was haben Sie ihm geantwortet?
Comenius propagierte ein Weltbild, bei dem die gesamte Welt als Garten verstanden wird. Das bedeutet, dass nicht alles in der Hand des Menschen liegen sollte, sondern auch der Natur Raum gegeben wird. Also ein Zusammenspiel von Natur und Mensch, von freier Entfaltung und Gestaltung.
Sie leisten im Garten pädagogische Arbeit mit Kindern. Wie sieht diese Arbeit aus?
Wir erforschen Themen und Phänomene, die für die Kinder interessant sind, weil sie in ihrem Alltag auftauchen und die zugleich aber auch von wissenschaftlichem Interesse sind. Wenn beispielsweise ein Kind seinen Spielkameraden auf der Schaukel anschubst, dann liegen diesem Vorgang physikalische Gesetzte zu Grunde, die bereits Galilei erforscht hat. Das ist Forschung auf Augenhöhe! Die Kinder tauschen sich mit Wissenschaftlern der Vergangenheit aus, mit den klügsten Köpfen der Menschheit.
Können Sie uns das pädagogische Konzept Comenius’ kurz erläutern?
Comenius forderte, dass alle Kinder, egal ob arm oder reich, minder oder höher begabt, sechs Jahre gemeinsam die Schule besuchen sollten. Das greifen wir auf, indem wir hier mit Kindern unterschiedlichster Herkunft zusammen forschen.
Erinnern Sie sich an einen bestimmten Moment, der Sie darin bestätigt hat, wie wertvoll und wichtig Ihre Arbeit hier ist?
Ja, das ist noch gar nicht so lange her. Seit einiger Zeit erlebt Neukölln einen Wandel, lange Zeit war der Stadtteil nur als sozialer Brennpunkt bekannt, aber mittlerweile ziehen immer mehr Bildungsbürger hierher und nutzen natürlich auch intensiv den Garten. Ein Migrantenkind hat mich darauf aufmerksam gemacht mit der Frage: „Herr Vierck, wieso lesen hier im Comenius-Garten fast alle Menschen Bücher? Das muss man doch gar nicht. Der ist doch schön.“ Zum Glück legen die meisten ihr Buch sehr bald zu Seite und sind dann auch zum Gespräch bereit, denn der Garten ist ein Ort des Gespräches.
Haben Sie denn das Gefühl, dass das Verhätnis der Kinder zu Natur bzw. Garten unterschiedlich geprägt ist, je nach kulturellem Hintergrund?
Ja, natürlich. Obwohl die Gartenkultur eine Kultur ist, die die meisten Menschen miteinander verbindet. Ein leider unschönes Beispiel: Wir haben hier einige Quitten im Garten und in den letzten Jahren haben wir da immer so gut sieben Kisten ernten können, aber in diesem Jahr waren es nur eineinhalb. Die Neuhinzuziehenden klauen. In der migrantischen Kultur hingegen, hier vorwiegend der muslimischen, ist es ‚haram’, also verboten, ohne Erlaubnis Früchte vom Baum zu pflücken.
Abgesehen von den Kindern, wer nutzt den Garten hauptsächlich?
Also zum einen ist das ein sehr internationales Publikum, aus Japan, Argentinien, Finnland… Der Garten ist ein ‚hidden place’ der Metrople Berlin, ein unbekannter Ort, den man unbedingt gesehen haben muss. Dann natürlich die bereits erwähnten Bildungsbürger mit ihren Büchern und die Sonntagnachmittagspaziergänger. Mittlerweile stößt der Garten da leider an seine Kapazitätsgrenzen, mehr als dreißig Leute gleichzeitig verträgt er nicht. Wird die Zahl überschritten, kann der Garten nicht mehr der Ort des Gespräches sein oder der Ort an dem jeder jeden grüßt.
Was halten Sie vom neuen Trend des Guerilla-Gardenings, wie er zum Beispiel auf dem Tempelhofer Feld stattfindet?
Es gibt so viele Formen des Gärtnerns und da hat das Guerllia-Gardening genau die gleiche Berechtigung wie der philosophische Garten.
Herr Vierck, eine kurze Frage zum Abschluss: Was ist Ihre persönliche Lieblingspflanze hier im Garten?
Da muss ich kurz überlegen, ob ich so etwas überhaupt habe. Ja doch, der Gravensteiner, ein Apfelbaum.
Vielen Dank für das Gespräch.
Wer die Philosophie dieses Gartens kennenlernen will, der begibt sich entweder selbst dorthin, oder er wirft einen Blick auf die Bildergalerie von unserer Fotografin Yana Wernicke.
Kommentare:
DAS WAHRE GESICHT DES HENNING VIERCK
Herr Vierck ist leider nicht (mehr) der friedfertige Mensch, wie er sich hier präsentiert hat. Er scheint die „Zugezogenen“ nicht zu mögen und möchte am liebsten alles so konservieren, wie er es die letzten 20 Jahre aufgebaut hat. Viercks Aussagen wie: „Der Garten gehört mir. Ich bin der Eigentümer.“ und „seit dem hier die sogenannten Bildungsbürger zuziehen gibt es nur Ärger. Vorher gab es nie welchen“ lassen schon erahnen, dass sich bei Herrn Vierck einiges verselbstständigt hat. Zumal der Garten natürlich nicht Vierck gehört, sondern dem Träger zwei Millionen Euro gekostet hat und Berlin jährlich 100.000 Euro gibt, um Vierck und die Gärtner zu bezahlen. (https://www.evangelisch.de/inhalte/97506/16-12-2009/harte-jungs-und-der-comenius-garten-integration-neukoelln)
Die Widersprüchlichkeit des Herrn Vierck kann man auch in seinen Interviews gut nachlesen. Z.B. schreibt er hier im Neukoellner: „Die Neuhinzuziehenden klauen. In der migrantischen Kultur hingegen, hier vorwiegend der muslimischen, ist es ‚haram’, also verboten, ohne Erlaubnis Früchte vom Baum zu pflücken.“ Diese Aussage steht im direkten Widerspruch zu dem, was er im o.g. Artikel unter http://www.evangelisch.de sagt: „Der Wettstreit der Kulturen ist auch ein Wettstreit um saure und süße Früchte. Die arabischen Jugendlichen wollen die Pflaumen im Garten essen, wenn sie noch grün und hart sind.“
Besonders vorheben möchte ich allerdings, was ebenfalls unter http://www.evangelisch.de der Autorin sagt bzgl der wilden Begehbarkeit bei Nacht und den umschließenden Zaun: „Nachts kann man drüberklettern. Das ist erlaubt, wenn man sich an die Vereinbarung hält: keine laute Musik, kein Müll, Rücksicht auf Flora, Fauna und andere Gartenbesucher.“ Die Realität sieht ganz anders aus: kürzlich beobachtete ich, wie ein friedliches leises Pärchen abends nach Torschluß im Comenius Garten von Herrn Vierck aufgegriffen wurde. Das Pärchen wollte sich offentsichtlich bei ihm entschuldigen und versuchten ruhig mit Herrn Vierck zu reden. Doch Vierck schrie nur auf sie ein und versuchte sie anzufassen und Beweisfotos zu machen. Der junge Mann redete immer ruhiger auf Vierck ein, Vierck schrie: „Ich möchte mich nicht beruhigen.“ Wenn man dann noch überlegt, dass Vierck pädagogische Arbeit mit Jugendlichen leistet, wird mir persönlich bange.
Sehr schade, weil der Comenius Garten ist wirklich toll. Aber damit bekommt er leider eine extreme Schattenseite.