Nicht in die Klischee-Falle tappen
Die Tischgespräche der Nachbarn belauschen – das geht ganz einfach in der Ausstellung „Die Sieben Tische – Gastkultur in Neukölln“. Ausgewählte Gastgeber und ihre Freunde ließen sich beim Abendessen filmen, die Besucher des Museum Neukölln werden also ganz automatisch zu Voyeuren.
„Wie viel Forschung fließt in eine Tütensuppe, wie viel in einen Computer?“ – Tischgespräche bei Katrin und Ben. Sie haben Freunde eingeladen und sitzen um einen dunklen Holztisch vor blau-weißem Art Deko-Geschirr. Einer verlegt Kästner, der andere macht Neue Musik, im Regal steht ein Jazz-Album vom Bill Evans Trio – eine kulturbeflissene Runde, irgendwo in Britz.
Richtig intim wird es nicht
Das Essen bei Katrin und Ben ist Teil der Ausstellung „Die Sieben Tische – Gastkultur in Neukölln“ im Museum Neukölln. Der gedeckte Tisch steht nun hier und ein Video katapultiert uns mitten rein in ihren Abend mit Freunden. Der Besucher wird zum Voyeur, geht weiter zur nächsten Runde, und lauscht den Unterhaltungen.
„Ich bin kein Klo-Leser“, behauptet jemand. Ein anderer betrauert sein Singledasein und bemerkt, das „Heiratsmaterial“ in seiner Klasse sei leider schon komplett vergeben. Eine Frau liebt den Tatort und Bella Block: „Das ist alles so wunderbar berechenbar“. Wir erfahren, dass einer der Gastgeber seit Jahren die immer gleichen 20 Witze erzählt. Und dass jemand sich nach einer Auszeit von seinem Job bei der Sparkasse sehnt. Intimer wird es nicht.
Vielfalt nur in Ansätzen
Bei Tülay gibt es Tzatziki, bei Jan und Stefan Gans. An anderen Tischen werden asiatischer Knoblauchsalat oder Hähnchenkeulen serviert. Dazu Württemberger Wein, Rixdorfer Fassbrause oder kubanischer Mojito. Die kulturelle Vielfalt Neuköllns spiegelt sich hier nur in Ansätzen. Vielleicht wollten die Kuratoren nicht in Klischee-Fallen tappen, aber ein klareres Casting-Konzept hätte der Ausstellung gut getan.
Nirgendwo wird geraucht
Denn so erscheint die Auswahl der Gastgeber allzu diffus, zumal wir fast nichts über sie erfahren, und der Besucher verliert sich in allgemeinen Beobachtungen: An jedem Tisch wird Fleisch serviert, Alkohol ausgeschenkt – und nirgendwo geraucht. Und kaum jemand ist auf einen größeren Essenskreis eingestellt: da werden Klappstühle hervorgekramt, Sofas an den Tisch geschoben, unterschiedlichste Teller kombiniert.
Der Erkenntnisgewinn bleibt also überschaubar, aber zumindest eines haben wir gelernt: Die Tütensuppe hat den Computer an Forschungszeit locker übertrumpft.
Die Ausstellung „Die Sieben Tische“ läuft noch bis zum 30. Dezember 2015 im Museum Neukölln. Eintritt frei
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