Wahlwerbespots aus der Hölle

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Screenshot des Wahlwerbespots von Nicole Bülck, CDU Neukölln

Der Wahlkampf für die Abgeordnetenhauswahlen am 18. September läuft auf Hochtouren und hält für netzaffine Menschen vor allem eines bereit: Wahlwerbespots aus der Hölle. Sie sind dynamisch, kreativ und unfassbar untalentiert – die Filmemacher der CDU Neukölln.
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Montag, 12. September 2016

Überall hängen sie wieder an Laternen, Plakatwänden und eigens dafür angeschafften Aufstellern: die Kandidaten der diesjährigen Abgeordnetenhaus-Wahlen. Da wird einander nicht viel geschenkt. Dicht an dicht platziert, lächeln uns die Gesichter der Politiker unterschiedlichster Parteien an. Manche Plakate sehen ganz so aus, als habe die oder der Abgeordnete versucht, sich die Künste von Photoshop selbst beizubringen. In den meisten Fällen ist die Verwirklichung dieser Lernmaßnahme vollkommen gescheitert. Dabei gäbe es doch so viele PR-Agenturen und arbeitslose Grafikdesigner, die den Job liebend gerne übernommen hätten.

Doch der Berliner Wahlkampf wird nicht nur an den Fassaden und Laternen des Stadtgebiets ausgetragen. Durch Hausbesuche, krude „Pokémon Go-Veranstaltungen“ und peinliche Wahlkampf-Schlagervideos soll noch das letzte Fünkchen Restzweifel am Kandidaten ausgemerzt werden. Ganz finster wird es allerdings beim Blick auf die Webpräsenz der Kandidatinnen und Kandidaten. Vor allem Facebook ist hier, wie sollte es anders sein, ein Hort des gruseligen Sammelsuriums nach dem Motto: „Wir probieren das jetzt einfach mal aus.“

Die Powerpointpräsentation einer Siebtklässlerin?

Auch wenn die anderen Parteien dem oft in nichts nachstehen, besonders hartnäckige Geschmacksverirrung legt die CDU-Neukölln in die Waagschale. Sabine Toepfer-Kataw hat sich vorgenommen für den Bezirk Gropiusstadt anzutreten. Ihr Werbetrailer ist eine Mischung aus James Bond und „Ups, die Pannenshow“. Wahllos zusammengewürfelte Fotos, die in der Manier einer Siebtklässler-Powerpointpräsentation in das Bild gleiten, werfen die Frage auf, wie ernst den Machern des Videos ihre PR-Arbeit tatsächlich ist. Oder handelt es sich hier um einen Witz? Die Urheber stellen mit aufblinkenden Schriftzügen die steile These auf, dass Sabine Toepfer-Kataw die Welt retten wird. Leider gibt es weder politische Positionen noch Inhalte, die die Umsetzung dieser steilen These untermauern würden. Beim Posting wird darauf hingewiesen, dass Sabine Toepfer-Kataw „weder geschüttelt noch gerührt“, sondern einzig für die Menschen aus der Gropiusstadt da sei. Ohne Wodka-Martini ist dieses „Video“ allerdings selbst ihren Stammwählern kaum zuzumuten.

Ein Kandidat zum Verlieben!

Der ehemalige Pressesprecher der Neuköllner CDU, Christopher Förster, ist im Metier der Wahlwerbung zu Hause. Um dies unter Beweis zu stellen, greift der offenbar medienaffine Förster ganz tief in die Trickkiste des Social Media-Auftritts: Er drehte einen Heimatfilm. Förster kennt seinen Bezirk und somit auch seine potentiellen Wähler. Mit einer emotionalen Ansprache – „Neukölln braucht einen Förster“ – versucht er bei einem Rundgang durch sein Süd-Neukölln, die Bürger des Kiezes von sich als Person zu überzeugen. Wer ist eigentlich Christopher Förster? Diese Frage beantwortet er mit einer gehörigen Portion Romantik und Heimatliebe. Leichte dahin siechende Gitarrenmusik untermalt seine Ausführungen: „Da habe ich lesen und schreiben gelernt“ und „hier habe ich gekickt“. Hach! Dann gibt Förster selbstreflektiert zu bedenken, dass ihm auffällt, „wie schön seine Jugend war“ und wie viel Spaß er in der „gesamten Umgebung“ hatte. Der Kuschelspot lädt zum Träumen ein. Und wenn es am Ende nicht für einen Stuhl im Abgeordnetenhaus reicht, dann wenigstens für ein paar Dates auf einer Onlinedatingplattform.

Eine Wahlkreisspionin gegen das Böse!

Wenn sie gerade keine Fotos und Videos von Hunden, Katzen oder anderen Tieren auf ihrer Facebookseite postet, lässt Nicole Bülck auch teilweise durchblicken, dass sie Politikerin ist. Zum Beispiel mit ihrem Wahlwerbeteaser. Auch sie setzt voll und ganz auf das Agentenimage. So gleicht ihre Spionage-Hintergrundmusik doch sehr dem Spot ihrer Mitbewerberin Töpfer-Kataw. Doch Bülck hat auch eigene Ideen: Ihr Werbetrailer beginnt mit dem epochalen Kampf zweier Kräfte: Gut gegen Böse. Die visuelle Untermalung dieses Kampfes irritiert zunächst. So ist das von Menschen leergefegte Maybachufer das Symbol für das Gute in Neukölln und ein kaputter Schrank auf dem Bordstein das Symbol für das Böse. Natürlich, es geht um die Ordnung! Um tonnenweise Sperrmüll auf Neuköllns Straßen, der die Stadt Millionen kostet! Dass Bülck mit hervorragender „Technik“ im Bezirk aufräumt, beweisen mehrere Fotos auf denen sie tatkräftig fegt und Sofas hochhebt. Und Bülck wäre nicht Bülck, wenn am Ende ihres Trailers nicht noch ein Haustier die Fellnase ins Bild halten würde. Wie keck – findet auch die Neuköllner CDU und teilt dieses Meisterwerk der Filmtechnik mit dem Teaser: „Sehr cooler Trailer unserer Kandidatin für das Abgeordnetenhaus für den Reuterkiez.“ Wow!

Der Wahlkampf ist noch nicht beendet und die Social Media-Wahlkampagnen halten für den Endspurt sicher noch den ein oder anderen Fehltritt der Bezirksparteien bereit. So stay tuned!

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Kommentare:

  • Bla sagt:

    Vorweg: man kann von den Videos ja halten, was man will.

    Aber: Wie kann es sein, dass ein ehemaliger Beschäftigter einer konkurrierenden Partei unter „lokaljournalistischem“ Deckmantel die Videos einer anderen Partei herabwürdigt? Journalistische Unabhängigkeit und so. Wie unglaubwürdig mag sich neukoellner.net eigentlich noch machen?

    Jeder seriöse Journalist müsste da – wenn schon der Berufsethos fehlt – aus reinem Selbsterhaltungstrieb die Finger von lassen. Wäre mal eine nette „lokaljournalistische“ Recherche wert, wie viel „Lokaljournalisten“ Parteiarbeit als „Lokaljournalismus“ tarnen. „Lokaljournalismus“ übernehmen Sie!

  • Bla sagt:

    Rly? Herr Lehning frisiert jetzt mal schnell seinen Lebenslauf auf Facebook, damit es keiner merkt? Wie arm, ihr Lieben.

  • Carola Scheibe-Köster sagt:

    Wo genau hat denn Herrn Lehning gearbeitet? Die CDU Neukölln hat mir die Frage bis jetzt noch nicht beantwortet. Aber schnelle Antworten in Zeiten des Wahlkampfes werden auch überbewertet.

  • Florian Schickedanz sagt:

    Schade, schade! Schade, dass ihr hier immer gegen eine Partei schießt, statt über Probleme, Ursachen und Lösungsansätze zu schreiben. CDU-Bashing mag zwar cool und hip sein, aber bringt diesen Bezirk kein Stück weiter. Schon mal etwas von „constructive journalism“ gehört? Nein? Na dann ran an die Tasten und statt 14 jährigen Praktikanten das eure eigentlich gute Seite zu überlassen, lieber mal googeln, was das ist und wie man Lokaljournalismus objektiver, konstruktiver, sorgfältiger und menschlicher gestalten kann. Und so schlecht das ein oder andere Video sein mag: es spricht Probleme an, über die IHR leider zu wenig oder gar nicht schreibt. Denn eins ist klar: 750 Tonnen Sperrmüll im Jahr 2015 hat die BSR von Neuköllns Straßen entfernt und nur eine Minderheit von Neuköllner*innen findet das „lustig“ oder „hip“ an Bergen von Unrat vorbei zu latschen. Die Probleme in diesem Bezirk sind keine Folklore für Hipster und Anarchisten, sondern reell und echt nervig. Denkt mal darüber nach 😉

  • Florian Schickedanz sagt:

    An Carola Scheibe-Köster: Ich weiß zwar nicht, was das für eine Rolle spielt, wo der Autor gearbeitet hat oder nicht. Und auch ein „Journalist“ darf in einer Partei sein und schreiben. Aber dass sie „schnelle Antworten“ verlangen, ist schon ne Hammer Nummer. Da kann ich sie genauso fragen, weshalb sie nicht „schnell“ mal die Dealer ausm Görli oder der Hasenheide vertreiben. Und so weiter und so fort. ich habe jetzt mal gegoogelt: der Autor gab bei Facebook an, Hospitant bei Bündnis 90/Die Grünen gewesen zu sein. Er scheint dies gelöscht zu haben – bei Google ist dieser Eintrag zu sehen, bei Facebook nicht mehr. Die Antwort bekommen sie entweder vom Auto oder eventuell von der Personalabteilung ihrer Partei. Fragen sie doch mal „schnell“ da nach 😉

  • Anonymous sagt:

    Immerhin behauptet die CDU Neukölln, dass der Autor bei den Grünen gearbeit hat. Was Sie „Hammer“ finden oder nicht, ist mir echt schnurz. Grundsätzlich frage ich da nach, wo Behauptungen aufgestellt werden. Aber vielen Dank
    für die Belehrung. Puh, Hospitant = Gast / Praktikant. Btw, welches Auto soll ich befragen? Haben Sie eine bestimmte Marke im Auge?

  • Carola Scheibe-Köster sagt:

    Hm, mein Kommentar sollte natürlich nicht anonym sein!

  • Florian Schickedanz sagt:

    Bitte um Verzeihung: Ein „R“ hat gefehlt – Fragen Sie den AutoR, wo bzw. wann er genau wo als Hospitant gearbeitet hat. Was Automarken angeht, bin ich entspannt – darf auch gerne n Elektroauto und Carsharing sein. Was meine Wenigkeit angeht, fahre ich Fahrrad und Bus 😉

  • Katharina Pencz sagt:

    Lieber Bla, lieber Florian Schickedanz,
    zur Aufklärung und ganz ohne Facebook-Stalking: Unser Autor hat während seines Studiums eine Hospitanz in der Pressestelle der Grünen gemacht – als Journalist keine ungewöhnliche Sache.
    Bei diesem Artikel handelt es sich um ein Meinungsstück. Es wurde übrigens auch ein Video der FDP verlinkt. Die Kritik, dass wir uns nicht mit Inhalten auseinandersetzen, stimmt einfach nicht. Heute ist zum Beispiel ein Artikel zum Wahlthema Wohnen auf neukoellner.net zu lesen.
    Liebe Grüße, die „Lokaljournalisten“

  • Bla sagt:

    Ungewöhnlich wird ein Praktikum bei eine Partei dann, wenn man anschließend 1. über den politischen Gegner herfällt und 2. es offenbar selber so problematisch findet, dass man den Eintrag schnell mal aus seinem öffentlichen (sic!) Profil löscht.

    Daraus dann „Facebook-Stalking“ zu machen, erinnert mich an den Spruch mit den bellenden Hunden. Aber sei es drum. Aufmerksamkeit ist euch gewiss. Läuft doch.