Ihren Master in Modedesign hat Frida Homann gerade erst abgeschlossen. Das Label dyn gründete sie aber bereits 2010. Jetzt ist sie zum ersten Mal bei der Mercedes Benz Fashion Week dabei. Als eines von vier Labels wird dyn vom Berliner Senat gefördert, wodurch die Präsentation am kommenden Freitag finanziert wird.
neukoellner.net: Frida, die Fotos zu deiner letzten Kollektion wurden im Körnerpark gemacht. Ihr schafft es tatsächlich, dass Neukölln wie Paris aussieht.
Frida Homann: Uns ist es wichtig, Gefühle zu vermitteln und eine Geschichte zu erzählen. Vielleicht hat es damit zu tun, dass ich nach dem Abi ein Jahr am Theater gearbeitet habe, in der Kostümabteilung. Das hat mich so geprägt, dass ich immer eine Inszenierung um alles baue. Das fängt bei der Idee an und setzt sich bis zur Aufnahme der Bilder fort. Auch für die Präsentation bei der Fashion Week habe ich mir einen besonderen Auftritt überlegt. Die Models werden nicht einfach nur reinkommen und sich auf die Podeste stellen, wie es sonst oft gemacht wird. Da wird schon noch mehr passieren. Mehr will ich dazu aber noch nicht verraten.
In der letzten Kampagne hattet ihr ein männliches Model, das sehr weiblich wirkt. Inwiefern ist Männlichkeit und Weiblichkeit etwas, mit dem du dich auseinandersetzt?
Meiner Mode wird ganz intensiv eine Androgynität nachgesagt. Es geschieht aber nicht bewusst. Mir geht es darum, zarte, weichere Seiten am Mann zu zeigen, was aber nicht Weiblichkeit bedeutet. Ich versuche darum auch immer etwas Strenges reinzubringen. Die neue Kollektion wird auch wieder etwas härter. Die Jacken und Sakkos sitzen richtig nah am Körper, wie eine Rüstung.
Worum geht es in deiner neusten Kollektion „Studio“, die du in wenigen Tagen vorstellen wirst?
Stell dir vor, du feierst eine wilde Silvesterparty im legendären Studio 54 in New York. Ich würde gerne wissen, was da alles abging! Ich habe an einen jungen Mann gedacht, der mit seinen Freunden dort auf die Party des Jahres geht. Sehr glamourös und elegant, angelehnt an Legenden wie den jungen Mick Jagger.
Inwiefern war die Mode der Siebziger ein Vorbild?
Insgesamt geht es mir nicht um den Look der Siebziger, sondern um das Lebensgefühl. Die Kragen der Hemden sind vielleicht eine Kleinigkeit breiter als sonst, aber noch lange nicht so extrem, wie man es damals trug. Von Bildern aus dem Studio 54 habe ich mir Details abgeschaut: Viele Leute trugen damals Fell, was nun zum ersten Mal bei mir auftaucht. Außerdem gibt es Samt, Leder, edle Wolle-Seide-Gemische. Die Stoffe stammen aus Italien und sind alle sehr hochwertig.
Ist die Kollektion als reine Abendgarderobe gedacht?
Nein, ich würde sagen, es kommt darauf an, wie man es kombiniert. Ich wollte keine Evening-Collection machen, und das war gar nicht so einfach. Man ist total in diesem Silvesterthema drin, dabei sollte es einfach eine Winterkollektion werden. Ein paar auffällige Stücke gibt es, mit denen kann auch einen extremeren Look erzeugen. Bei meinen Kollektionen wurde öfters gesagt, dass sie so avantgardistisch seien, dabei finde ich dyn total tragbar.
Es kommt also auf die Art der Inszenierung an. Was ist dir bei der Auswahl der Models wichtig?
Sie müssen einen starken Ausdruck haben, etwas Besonderes, wodurch man gerne zwei Mal hinguckt. Es kommen keine kleinen Bubis auf den Laufsteg. Die Models sollen keine leblose Fläche sein. Wichtig ist jetzt bei der Fashion Week, dass sie sehr groß sind, um die Teile körperlich auszufüllen. Die Präsentation ist ja in der Stage, und da wirkt es schon sehr eindrucksvoll, wenn ein 1,88 m großer Mann auf einem Podest vor dir steht.
Dyn, woher kommt der Name eigentlich?
Einmal bedeutet es auf Walisisch „Mann“ und zum anderen war es lange die Einheit für Kraft, die man heute in Newtonmetern misst.
Woher kommt dein Fokus auf Menswear?
An der Uni habe ich gemerkt, dass ich in Männermode mit viel mehr Herzblut hineingehe. Es liegt mir mehr und die Ergebnisse finde ich stärker, als wenn ich für eine Frau entwerfe.
Wie kann man sich deine Arbeitsweise vorstellen?
Am Anfang überlege ich mir, wo geht der Zeitgeist hin, also allgemein der Look. Ich finde wir hatten eine lange Phase in Berlin, wo sehr viel Vintage und Kunterbuntes getragen wurde. Jetzt wird es wieder etwas klassischer. Die Leute kaufen sich hochwertigere Teile und die Farben werden ruhiger. Darüber kam ich auf das Silvesterthema. Ich überlegte mir eine Geschichte, also in dem Fall Studio 54 mit all seinen Protagonisten. Was ist das für ein Mann, wie fühlt der sich, wie ist sein Hintergrund? Und wenn ich den richtig greifen kann, lege ich mit dem Entwerfen los. Aber ich brauche immer erst eine Geschichte. Wie ein Drehbuch für den fiktiven Mann in meiner Vorstellung. Die Umsetzung ist dann ziemlich langwierig, vieles wird verworfen und manchmal zweifle ich alles an. Dann gibt es aber mal eine Anprobe mit einem Model und ich merke, dass das aufgeht, was ich mir vorstelle.
In Richtung italienischer Herrenanzug, eng und tailliert?
Das kommt so automatisch durch die Passform, war aber kein Ziel. Beim Shooting für das neue Lookbook habe ich manche Styles wieder rausgeworfen, weil ich fand, das es zu wenig nach dyn aussah. Nicht mehr jung und locker genug. Das ist bei der Menswear wirklich total schwierig, diesen schmalen Grat zu finden. Aber das finde ich gerade spannend.
Zu ausgeflippt darf es aber auch nicht sein, oder?
Ich muss sagen, die verrücktesten Teile gingen immer am besten. Die Männer werden mutiger, aber es gibt kein großes Angebot, was dem gerecht wird.
Wie sind die Männer, die deine Mode kaufen?
Ich denke, sie sind auf jeden Fall selbstbewusst. Sie kennen die neuen Labels und warten darauf, dass etwas Neues passiert. Altersmäßig hauptsächlich zwischen 20 und 40, aber der ein oder andere Anzug kann definitiv auch von einem älteren Mann getragen werden. Alter spielt heute ja auch keine so große Rolle mehr.
Du bist Teil des Neuköllner Modenetzwerks Nemona, inwiefern hat dir das Starthilfe gegeben?
Jetzt bin ich da nicht mehr so aktiv. Aber sie leisten großartige Arbeit. Ganz am Anfang war das super für mich, darüber Erfahrungen zu sammeln. Zum Beispiel bei Veranstaltungen dabei zu sein und etwas auszuprobieren, ohne selbst gleich riesige Kosten zu haben.