Text: KMM
Alles begann mit Science-Fiction Freaks in den Dreißigern des letzten Jahrhunderts, die ihre eigenen Geschichten in Form von sogenannten Zines verbreiteten. In den Siebzigern und Achtzigern wurde das Zine dann ein Mittel der Punkbewegung zum Publizieren politischer Botschaften. Bis Anfang der Neunziger die Männerdomäne der Zinesters durch die feministische Regung der riot grrl Szene aufgemischt wurde. Heute, so scheint es, ist der Durst nach Alternativen wieder präsent. Neben allen Profit orientierten Überproduktionen und umgeben von Überfluss, wendet man den Blick inmitten der Masse wieder nach hinten, zurück zu detailgetreuer und liebevoller Handarbeit. Ein Zine kann so viel sein: Kreativer Aufstand, Inspirationsquelle, gleichzeitig purer Eigennutz, bei dem es gilt keinem gestalterischen oder inhaltlichen Regelwerk zu folgen. Im Vordergrund steht die Begeisterung für etwas und nicht die Fragen: Wie kommt das an? Wo führt es hin? Sondern: Wie fühlt es sich an? Und vorrangig: Wie fühlt es sich in den eigenen Händen an?
girlgangzine
Das beste Beispiel dafür ist das, von zwei Wahlberlinerinnen gefertigte, girlgangzine. Aber was braucht es, um ein Zine auf die Beine zu stellen? „Irgendeine Idee“, sagt Maren Karlson vom girlgangzine, „und die Motivation diese umsetzen.“ Kristina Hens und Maren Karlsons Motivation war, neben dem Drang etwas Kreatives zu schaffen, der Überdruss und die Unzufriedenheit. Die Art und Weise wie oftmals über Frauen geschrieben und diese dargestellt werden, sagt Kristina, passe nicht. Und weil Rumnörgeln wenig hilft, haben sie sich dazu entschlossen etwas zu machen, was sie gerne lesen würden. Ein Zine mit egoistischen Zügen, jedoch hervorgerufen durch ein Unbehagen gegenüber der Musikindustrie. Nach Wochen zwischen Siebdruckwerkstatt, Copy-Shop und der Arbeit am eigenen Schreibtisch, ist aus dem girlgangzine das geworden, was Maren und Kristina selber gerne schmökern: Eine gelungene Antwort auf den Mainstream, dass es auch anders geht. Und das sogar sehr gut.
Die Mischung macht’s
Das girlgangzine ist reich an Zeichnungen und Interviews mit Musikerinnen und Künstlerinnen, die eigenhändig mit der Schreibmaschine abgetippt wurden. Was neben Herzblut und gestalteten Illustrationen besonders auffällt, ist die Art Fragen zu stellen und sehr ungewohnte, sowie unterhaltsame Interviewsituationen zu schaffen. So bewegt sich das Zine zwischen Avocados und Feminismus, mit Fragen nach den Dingen, die man im Supermarkt kauft, oder wie sehr man sich als Musikerin sexistisch behandelt fühlt. Es ist eine zeitlose Mischung aus Witz, aber auch mit der Gelegenheit über eine Problematik nachzudenken, die vorher noch nicht beleuchtet wurde. Die Resonanz auf die Gefragte war sehr positiv, erzählen die Beiden. Wenn man coole Fragen stellt, bekommt man auch coole Antworten. Deshalb ist das girlgangzine nicht nur etwas von Fans für Fans. Diese Tatsache scheint auch überraschend für Maren und Kristina zu sein: „Irgendwie dachten wir, dass sich ein paar Leute dafür interessieren, die sich auch für die Bands begeistern. Dann haben aber total viele Leute ihr Interesse gezeigt, die gar keine Ahnung hatten, worum es überhaupt geht“, schildert Maren.
Das girlgangzine ist nichts, was man nach einmaligem Lesen aufgrund von mangelnder Aktualität wieder in die Ecke werfen will. Kristina spricht von Zeitlosigkeit und kann sich vorstellen, dass sie ihr Zine in einem Jahr noch gut finden. Das girlgangzine fühlt sich nicht nur beachtlich in den Händen seiner Macherinnen an, sondern ebenso in anderen Frauen- als auch Männerhänden.
Am Samstag, den 17.12., ab 18 Uhr ist, neben einer Vielzahl unabhängiger Publikationen wie Büchern, Zines oder Cartoons, das girlgangzine auf der Portable Book Fair im Alten Finanzamt in der Schönstedtstraße vertreten. neukoellner.net wird mit seiner Printausgabe ebenfalls am Start sein.
Wer noch mehr über das girlgangzine erfahren will, kann das hier.
Kommentare:
„girlgangzine“ steht ganz oben auf meinem Wunschzettel ! ! !
Merry Christmas
Proud Aunt