Friedlich, idyllisch und beschaulich klingt dieser Name, nach unberührten Landschaften in denen sich niedliche Häschen tummeln. Tatsächlich wurden die flauschigen Mümmelmänner hier allerdings nur deshalb angesiedelt, um einem schießwütigen Adligen als Zielscheibe zu dienen. Und so hielt sich die Bezeichnung „Hasenheide“ bis heute, auch wenn sich Meister Lampe und seine Freunde dieser Tage eher selten in die Büsche und Wiesen des Volksparks verirren.
Hasen statt Kühe
1678 kam der Große Kurfürst Friedrich Wilhelm auf die Idee, aus den Weidegründen der Rixdorfer und Tempelhofer Bauern ein Hasengehege für seine Jagdübungen machen zu lassen. Er und seine Jagdgenossen reisten auf einer breiten Allee an, die heute ebenfalls den Straßennamen Hasenheide trägt und zu Kreuzberg gehört. So einfach wollten die Bauern sich diese Enteignung natürlich nicht gefallen lassen, doch es sollte bis 1851 dauern, also fast 200 Jahre, bis der preußische Staat ihren Nachfahren eine finanzielle Entschädigung zahlte.
Im 19. Jahrhundert feierte Rixdorf seine Blütezeit als Amüsier- und Ausgehviertel. Unweit der Hasenheide vergnügte sich der Berliner etwa in der „Neuen Welt“ oder dem „Orpheum“, riesigen Gaststätten mit Musik und Tanz, oder in den Schießbuden und Jahrmarktzelten in der Karlsgartenstraße. Als ein Stück Natur zum Flanieren und Erholen erfreute sich die Hasenheide zunehmender Beliebtheit, seitdem das Gelände erstmals 1839 in einen ansehnlichen Park umgestaltet wurde. Teile der heutigen Fläche nutzte das Militär als Exerzier- und Schießplatz, so dass es sich wohl nur begrenzt um ein ruhiges Fleckchen gehandelt haben dürfte.
Frisch, fromm, fröhlich und frei
In dieser Zeit entstand eine völlig neue Freizeitkultur, zu der zunehmend auch körperliche Ertüchtigung zählte. Friedrich Ludwig Jahn, der berühmte „Turnvater Jahn“, errichte 1811 in der Hasenheide seinen ersten Turnplatz. Er entwickelte Sportgeräte wie Barren und Reck und setzte Schwimmen, Ringen und Fechten auf den Stundenplan seiner Schüler. Auch Klimmzüge an den Ästen einer Eiche gehörten zum Sportprogramm. Heute als „Jahneiche“ bekannt, erinnert der mächtige Baum zusammen mit dem Jahndenkmal an den Vater des Turnsports.
Ein literarisches Denkmal für eine Begebenheit in der Hasenheide ist übrigens „Effi Briest“ von Theodor Fontane: 1886 forderte der Offizier Armand Léon Baron von Ardenne den Richter Emil Hartwich zum Pistolenduell heraus, nachdem er ihm ein Verhältnis mit seiner Frau nachweisen konnte. Hartwich starb und der Baron wurde nach 18 Tagen Festungshaft auf freien Fuß gesetzt. Das Schicksal der Ehefrau ließ Fontane schließlich in seinen Roman einfließen.
Auf verschlungenen Wegen
Der Park in seiner heutigen Form entspricht größtenteils der Umgestaltung durch die Nazis 1936: Die Schießstände wichen Baumstreifen, die Exerzierplätze weitläufigen Wiesen – eine ungewöhnliche Wendung angesichts der zeitlichen Umstände. Die Rixdorfer Höhe kann man allerdings erst seit 1951 erklimmen. Der Hügel entstand aus dem Schutt der im Krieg zerstörten Stadt. Den Einsatz der Frauen in der Nachkriegszeit würdigte die Stadtverwaltung 1955 mit dem „Denkmal für die Trümmerfrauen“ der Bildhauerin Katharina Szelinski-Singer.
Die Hasenheide ist also keineswegs ausschließlich der gefährliche Drogenumschlagplatz und Kriminellentreffpunkt, wie regelmäßig in der Presse zu lesen. Wo sonst begegnet man niedlichen Lamas direkt neben der Liegewiese? Täglich werden sie von Mitarbeitern des Tierparks spazierengeführt. An den Maientagen erinnert ein buntes Volksfest an das Jahrmarkttreiben im 19. Jahrhundert und die zahlreichen Jogger wandeln auf Turnvater Jahns Spuren. Arabische Großfamilien grillen um die Wette und einige Meter weiter feiern Technofans unter freiem Himmel. Die Hasenheide und ihre kuriosen Gestalten hat die Filmemacherin Nana Rebhan 2007 in einem Dokumentarfilm porträtiert, den wir an dieser Stelle unbedingt empfehlen möchten.
Archivmaterial © Museum Neukölln
In Zusammenarbeit mit dem Geschichtsspeicher des