neukoellner.net: Philipp, wie kam dir die Idee für die Zeitmaschine?
Philipp Hahn: Die Ursprungsidee kam mir in meinem Job. Da habe ich ziemlich viele Videos mit professionellen Rekordern geschnitten. Immer wenn ich kurz weg musste, habe ich den Kunden gesagt, sie können ein bisschen mit ihrem Material rumspielen. Wenn ich dann zurück kam, saßen alle davor und haben begeistert rumgespult, weil sie so eine flüssige Zeitkontrolle normalerweise ja nicht kennen. Die kennen nur das spulen vom DVD-Player, aber nicht so etwas schnelles und flüssiges. So fing das alles an.
Wie lange hat es dann von der ersten Idee bis zur fertigen Installation gedauert ?
Ewig. Die ersten Notizen, wie es laufen könnte, sind fünf Jahre alt. Man muss aber dazu sagen, dass ich mir die Programmiersprache, mit der ich das gemacht habe, dafür selber beigebracht habe. Und dann lag das Projekt auch mal wieder ein Jahr lang rum und ich dachte, es ist tot. Doch meistens über Weihnachten, wenn ich zu Hause war und nichts zu tun hatte, hab ich dann wieder an neuen Versionen gearbeitet – die dann wieder ein Jahr lang liegen blieben. So lange geistert es zumindest schon in meinem Kopf herum. Deshalb dachte ich, es muss jetzt auch mal fertig werden.
Wieso hat sich die Entwicklung so lange hingezogen?
In der Entwicklung gab es wahnsinnig viele Probleme, weil es vor allem technisch ewig nicht funktioniert hat. Denn was ich da mache ist relativ komplex und auch ziemlich hardware-hungrig. Da ist normalerweise jede Festplatte sofort am Ende. Jetzt läuft es aber super stabil und schön.
Über den Spaß, den die Leute beim herumspielen haben hinaus, was ist für dich das Interessante an dem Projekt?
Ich denke mal da kann sich jeder selber was suchen. Das ist ja das Schöne daran, denn es gibt ganz unterschiedliche Ebenen: Die einen haben Spaß am Herumspulen. Was mich vor allem interessiert hat, ist dieser Moment, wo du das Bild siehst und es sieht total echt aus, dein Verstand aber klick macht und sagt, da kann irgendwas nicht stimmen. Und der ist ganz oft relativ spät. Erstaunlich spät. Am Anfang wollte ich das viel subtiler machen, habe aber festgestellt, dass viele das schlichtweg nicht sehen. Wenn du das nicht vermutest, merkst du das nicht, so lang da niemand nackig bauchtanzt. Das ist, was ich selber spannend fand: Wo ist der Moment, indem sie es merken?
Wie wurde das Projekt aus deiner Sicht bei den 48 Stunden Neukölln aufgenommen?
Besser als ich jemals erwartet hätte. Ich hatte am Anfang totale Bedenken, dass es nicht so gut funktioniert, wenn der Raum zu voll ist, denn ich kann ja nur Leute hinzusetzen und keine wegnehmen. Aber in dem Moment, wo der Raum voll wird, ist es eine ganz andere Installation. Dann sehen die Leute zwar weniger Lügen, fangen aber an selber welche zu machen. Zum Beispiel haben ein paar Leute politische Botschaften auf Schildern in die Kamera gehalten. Und auf einmal hab ich da einen nackten Hintern gesehen – der kam aber nicht von mir. Oder Frauen, die rückwärts Polonaise tanzen um es sich dann später vorwärts anschauen zu können. Das bekommt dann eine ganz eigene Dynamik und ist einfach schön zu sehen.
Wie geht es nun weiter mit der Installation?
Das weiß ich noch nicht so genau. Ich lasse die erst mal noch so lange im Ke//er stehen, wie es geht. Aber es ist jetzt getestet und es ist klar, dass es funktioniert. Daher wäre es schon super, das irgendwie weiter zu tragen, es irgendwo hinzustellen, wo es vielleicht noch mehr Leute sehen. Da bin ich auf jeden Fall total offen für alle Ideen.
Zu sehen ist die Installation in der Kultstätte Ke//er, Karl-Marx-Straße 52.
Öffnungszeiten: Bis Sa. 5.7. täglich 20-24 Uhr.
Weitere Termine und Informationen auf maschinenzeitmaschine.tumblr.com.