neukoellner.net: Ihr seid sowohl Ehepaar als auch Künstler-Duo. Welche Beziehung verläuft harmonischer?
Britta: Das ist Eins, es geht ineinander über. Wir trennen da nicht. Manchmal streiten wir natürlich auch heftig – im Atelier genauso wie in der Küche. Aber das ist gut, das ist produktiv, so entsteht unsere Kunst. Wir müssen ständig einen anderen Blickwinkel einnehmen, das fordert, ist aber auch sehr hilfreich.
Ron: Wir glauben auch einfach daran, dass man am Anderen wächst. Hat man ein starkes Gegenüber, wird das Ich mehr herausgefordert. Es kann ganz anders zur Entfaltung kommen, gerade im künstlerischen Schaffensprozess. Allein würde ich da manchmal verrückt werden.
Warum habt ihr euch für die Kunst entschieden?
Britta: Nach meinem Psychologie-Studium hätte ich sicherlich auch den konventionellen Weg wählen können. Aber da war zu viel, was raus musste. Künstlerisch war ich noch unfertig, aber ich habe mich in verschiedenen Ausdrucksformen ausprobiert. An der Uni hatte ich im Nebenfach schon Malerei, später habe ich dann wie Ron, der eigentlich aus dem Leistungssport kommt, zeitgenössischen Tanz am Konservatorium studiert. Wir können einfach nicht anders – wir müssen künstlerisch arbeiten und das rauslassen, was in uns brodelt.
Ron: Für mich kommt in der Kunst alles zusammen, was ich liebe: Das Malen mit Öl genauso wie das Bauen einer Installation und Skulpturen mit unterschiedlichsten Materialien und Werkzeugen. Ich liebe das detaillierte Zeichnen, genauso wie das Rohe und Impulsive bei unseren Körperbemalungen. In der Kunst können wir kompromisslos sein.
Was hat es mit eurem Künstlernamen auf sich?
Britta: Wir waren lange Zeit Teil des Künstlerkollektivs „Artists Anonymous„. Irgendwann wollten wir aber nicht mehr anonym sein, sondern als Britta und Ron Helbig zusammenarbeiten. Da sich das aber wie ein Schlager-Duo anhört (lacht), haben wir nach einem guten Namen gesucht. Und in GODsDOGs spiegelt sich für uns die Ambivalenz wider, die auch unsere Kunst kennzeichnet: Das Bestialische trifft auf das Heilige, zwei vermeintlich sehr weit voneinander entfernte Dinge werden zusammengebracht und spannen den Bogen zwischen alltäglichen und großen philosophischen Fragen.
Ihr mischt bildende Kunst mit performativen Momenten, fertigt Collagen und Installationen. Welchen Elementen begegnet man immer wieder in euren Werken?
Ron: Ich möchte von Kunst überrascht werden. Ich mag nichts Durchgestyltes, nichts Cleanes, finde Dinge langweilig, in denen es nichts zu entdecken gibt. Deshalb spielt bei uns die Kombination und die Fülle eine wichtige Rolle. Man kann das als einen Informations-Overload begreifen, vergleichbar mit einem Wimmelbild, das man nie mit einem Blick erfassen kann.
Britta: Themen wie Leben, Tod, Zeit und Vergänglichkeit tauchen in allen möglichen Variationen wieder auf, die Frage nach Parallelwelten, nach alternativen Erfahrungsräumen beeinflusst unsere Arbeit. Generell lieben wir den kommunikativen Prozess – wenn ein Kunstwerk entsteht, aber auch während der Show, in der Performance. Es geht uns nicht darum, einfach nur ein Bild an die Wand zu hängen. Ein Kunstkritiker hat mal gesagt, wir machen einen Film, ohne einen Film zu machen.
Ihr lebt seit 2004 in Neukölln, seit 2009 habt ihr ein Atelier in der Jonasstraße. Wie beeinflusst euer Leben im Kiez eure Kunst?
Ron: Hier ist es einfach noch rau und unfertig, die Leute kommen hierher, weil sie etwas suchen. Das alles gilt gewissermaßen auch für unsere Kunst. Ich liebe auch die vielen Trödelläden, in denen man von Hinterzimmer zu Hinterzimmer geht und in jeder Ecke etwas Kurioses oder Bemerkenswertes entdeckt. Natürlich ist das Inspiration.
Britta: Hier gibt es den Gerümpel-Laden neben der Designer-Boutique. Auch das entspricht unserer Kunst: Wir können ein Ölgemälde malen oder aber riesige Installationen aus alten Stühlen kreieren. Es ist die Vielfalt, die nicht nur unsere Kunst, sondern auch unser Leben bereichert. Klar kann das im Alltag auch mal schwierig werden, aber wir haben uns bewusst dazu entscheiden, mit unseren Kindern hier wohnen zu bleiben und sie nicht in einen anderen Bezirk zur Schule zu fahren.
Ihr habt zwei Söhne im Alter von sechs und zwölf Jahren. Kann man gleichzeitig ein Familien- und ein Künstlerleben führen?
Britta: Als Kiran gerade ein paar Wochen alt war, habe ich ihn mir um den Bauch gebunden und weiter im Atelier an einer Skulptur gearbeitet. Als er ein halbes Jahr alt war, habe ich mit ihm in der Babyschale einen 7,5-Tonner gefahren, weil wir eine riesige Installation auf einer Kunstmesse aufgebaut haben. Die Kids sind meistens einfach mit dabei. Die Performancekünstlerin Marina Abramovic meint, man müsse sich zwischen Kindern und Kunst entscheiden. Diese Aussage ärgert mich.
Ron: Klar fragen wir uns auch, ob wir gute Eltern sein können, wenn wir bis drei Uhr morgens im Atelier stehen. Aber ich glaube, wir sind in vielen Bereichen eine Anti-These. Dinge, die scheinbar nicht gehen, machen wir einfach. Dabei trennen wir nicht zwischen Kunst und unserem sonstigen Leben.