„Der Spruch hat sich verselbstständigt“

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Jana Reiche gründete 2008 das Label JR Sewing.

Shirts mit der Aufschrift „Is mir egal, ich lass das jetzt so!“  haben JR Sewing berühmt gemacht. Darauf sollte man das Label aus der Hobrechtstraße jedoch nicht reduzieren. (mehr …)

Text:

Sonntag, 17. August 2014

Interview und Fotos: Christoph Krelle.

Ist der Name Deines Labels eine Anspielung auf J.R. Ewing aus der alten US-Serie „Dallas“?
Jana Reiche: Als es um die Namensfindung ging, fand ich meine Initialen markig. „Sewing“ ist Englisch und heißt „Nähen“. Ich kannte natürlich den Namen J.R. Ewing, wusste aber nur, dass es sich um den Fiesling der Serie „Dallas“ handelt. Eine Folge hatte ich jedoch nie gesehen. Ich finde es witzig, dass sich unsere Namen ähneln, obwohl wir grundverschieden sind.

Warum designst Du keine Cowboy-Hüte?
Gute Idee! Für meinen Diplom-Abschluss hatte ich damals den Western-Look in einer Kollektion aufgegriffen. Cowboy-Style ist nicht mein Thema, aber ich finde Hüte als Accessoires sehr toll. In Zukunft trägt die Frau wieder mehr Hut, denke ich.

„Is mir egal, ich lass das jetzt so!“ war Deine Idee anlässlich eines kleinen Neuköllner Fashion Weekends. Inzwischen ist das sechs Jahre her und noch immer erfreuen sich daran die Fans. Fühlst Du Dich manchmal darauf reduziert?
In erster Linie sehe ich das als Anerkennung. Als ich kurz nach meiner Gründung die 30 T-Shirts eher als Gag mit diesem Slogan bedruckte, wusste ich nicht, welche Kreise das einmal ziehen würde. Der Spruch hat sich verselbstständigt. Leider entdeckte ich auch schon einige Plagiate auf dem Markt, mit denen sich jemand in meinem Licht sonnen wollte. Ich freue mich immer über jeden Support, aber solche Entwicklungen sind einfach nur schade und armselig. Andererseits ist das für mich auch ein Zeichen, dass es Zeit ist, etwas Neues zu präsentieren.

Im Februar hast du die Nachwuchsschauspielerin Nicole Pötschke für eine Preisverleihung im Rahmen der Berlinale eingekleidet. Wie kam es dazu?
Das ist über befreundete Ecken entstanden. Wir saßen beim Kaffeetrinken zusammen. Als klar war, dass ich ein Kleid für Nicole entwerfe, habe ich beschlossen, ab jetzt jedes Jahr jemanden einzukleiden, der zur Berlinale geht. In diesem Jahr war der Februar leider sehr warm. Ich hatte extra noch einen Mantel für Nicole genäht, aber den brauchte sie gar nicht. So ist das, wenn man zu perfektionistisch ist. Es reicht nie, und am Ende ist es doch wieder zu viel. Ich bin gespannt auf nächstes Jahr.

Schaufenster JR Sewing

Das Schaufenster von JR Sewing

Das heißt, Dir ist nicht alles egal. Ist das ein Grund dafür, dass es jetzt eine neue, ökologisch bewusstere Version der „Is mir egal“-Tasche gibt?
Ja, ich bin sehr idealistisch. In letzter Zeit habe ich sehr hohe Ansprüche an meine Arbeit als Designerin entwickelt. Ich will nachhaltige und so gut es geht auch herkunftsbewusste Mode machen. Und die soll natürlich auch bezahlbar bleiben. Die neuen „Is mir egal“-Taschen sind aus recycelten Materialien entstanden. Sie wurden aus alten Verschnitten der Biobaumwolle und recycelten Plastikflaschen hergestellt. Dahinter steht ein Projekt, das „Salvage Fashion“ heißt. Solche nachhaltigen Projekte zu finden, ist nicht leicht. Nicht jeder Anbieter ist ökologisch fair, nur weil er sich so nennt.

Was ist eigentlich ein „Sackback“?
Das ist meine erste turnbeutelähnliche Rucksacktasche. Ich arbeite mit meiner Praktikantin gerade an den neuen Mustern. Seit zwei Wochen hängen die ersten Unikate bei uns im Schaufenster. Die bunten Vintagestoffe aus den frühen Neunzigerjahren sollen Frauen wie Männern gleichermaßen einen stylischen „Eyecacher“ beim Tragen ihrer täglichen Utensilien schenken.

Steckt dahinter auch ein nachhaltiger Gedanke?
Ja, ich lasse die Taschen von den Behindertenwerkstätten in Weißensee zusammennähen. Zu wissen, wo die Produkte gefertigt werden, die ich anbiete, liegt mir sehr am Herzen. Die Fertigungstermine dürfen auch mal um zwei Wochen verschoben werden, solange ich weiß, es ist made in Berlin. Die „Sackbacks“ bestehen aus hundertprozentiger Baumwolle.

Nähst Du trotzdem auch noch selbst?
Ja, ich nähe auch selbst, aber das dauert bei größeren Aufträgen zu lange. Deshalb muss ich einfach etwas abgeben, will dann aber guten Gewissens sein, wer es macht.

JR Sewing
Hobrechtstr. 18
Di-Fr 11-19 Uhr, Sa 12-18 Uhr
www.jr-sewing.com