Donnerstagmorgen. 10 Uhr. Im „Sprachsalon“ glühen die Synapsen. Zwei Deutschkurse laufen schon.
Seit einem Jahr betreiben Sela Andemariam und Christine Fuchs die kleine Sprachschule in der Weichselstraße. Ein Büro, zwei große Räume mit bunten Wänden und richtigen Tafeln, ein kleinerer Raum für Einzelunterricht und eine Küche.
Manchmal schreibt das Leben seine ganz eigenen Geschichten, eröffnet Wege, von denen man nicht wusste, dass man sie gehen wird. So ging es Sela und Christine, die am Ladenfenster an einem kleinen Tisch sitzen und erzählen, wie der „Sprachsalon“ zu ihnen kam. Die Idee hatte ursprünglich eine Kollegin; die träumte von ihrer eigenen Sprachschule und holte Sela und Christine mit ins Boot. Zusammen suchten sie Räume, wurden im Reuterkiez fündig und eröffneten 2011 den Sprachsalon. Dann stieg die Ideengeberin aus.
Obwohl beide noch andere Jobs haben, sind sie ganz froh über ihre eigene, kleine Schule, in der besonders außergewöhnliche Sprachen wie Hindi und Hebräisch erstaunlich beliebt sind. „Es ist schon toll, was Eigenes zu haben, wo man sein kann wie man will und eigene Entscheidungen treffen kann“, sagt Christine. Unterstützt werden beide von Praktikanten, die mit einem Sprachkurs bezahlt werden.
Fremde Sprachen mit fremden Schriftzeichen – der neue Thrill des Großstädters
Die Atmosphäre im Sprachsalon ist locker und entspannt. Ein Deutschkurs macht inzwischen eine Pause. Vor der Tür wird weiter geplaudert. Man hat fast das Gefühl, als wäre man unter Freunden. Das Büro ist mit alten Möbeln von der Oma eingerichtet; die Wände strahlen in Hellgrün und zartem Rosa; von den Decken leuchten alte Lampen; die Stühle, Tische und Tafeln haben sie von einer Berliner Schule übernommen, die runderneuert wurde und stolz auf ihre Smart Boards ist.
Die Arabischdozentin betritt das Büro, kurz danach kommt der Schüler, ein Mann in seinen 40ern, Einzelunterricht. Anders als in den großen Sprachschulen lernt man im Sprachsalon in kleinen, intimen Gruppen mit maximal 6 – 8 Teilnehmern. Die Kurse starten aber schon bei drei Interessenten. Für Februar ist ein Türkisch-, ein Hebräisch- und zum ersten Mal ein Konversationskurs auf Englisch geplant.
Warum laufen Sprachen wie Hindi, Arabisch oder Hebräisch so gut? „Viele, die solche Sprachen erlernen wollen sagen, dass sie neue Herausforderungen suchen“, erzählt Sela. Fremde Sprachen mit fremden Schriftzeichen – der neue Thrill des Großstädters.
Trainieren kann man die frisch erlernten die Sprachen in den Sprachwerkstätten und beim bisher unregelmäßigen Kulturprogramm. Auf Spanisch werden dann schon mal Wollsocken gestopft, mit Naschwerk neue Tschechischkenntnisse erworben oder zu Halloween Kürbisse geschnitzt, wird in Gebärdensprache gerappt, elegant auf Italienisch am Buffet parliert oder der Dia de los Muertos gefeiert. Im Moment planen Sela und Christine einen regelmäßigen Filmabend – im Original mit Untertitel versteht sich.
Sprachsalon, Weichselstraße 38, Neukölln, www.sprachsalon-berlin.de