Wohnraum wird in Berlin immer knapper – das zeigt sich an den steigenden Miet- und Kaufpreisen auf dem Immobilienmarkt, und wer sich in den letzten Jahren auf Wohnungssuche in Neukölln begeben hat, war meist nach einigen überfüllten Besichtigungen der Verzweiflung nahe. Eine der Maßnahmen gegen den Wohnungsmangel ist das Zweckentfremdungsgesetz, das der Berliner Senat eingeführt hat. Seit 1. Mai 2014 ist es in allen Bezirken untersagt, Wohnfläche für etwas anderes als Wohnzwecke zu nutzen. Darunter fällt auch die kommerzielle Untervermietung als Ferienwohnungen. Eine Übergangsfrist gab es für Anbieter, die bereits vor diesem Stichtag Ferienwohnungen vermietet haben. Diese Frist ist am 30. April abgelaufen und nun ist eine Genehmigung für Ferienwohnungen nötig.
Wo sind all die Ferienwohnung hin?
Es gibt die Möglichkeit, eine solche Genehmigung zu beantragen – jedoch lehnen die Bezirksämter die meisten Anträge ab, sagte uns Jochen Biedermann (Bündnis 90/Die Grünen). Ferienwohnungen sind trotzdem jede Menge im Netz zu finden, nur mit dem Unterschied, dass diese von nun an illegal vermietet werden. Aber sie werden vermietet. Und zwar täglich zu Zehntausenden.
Auf zahlreichen Sharing-Economy-Portalen wie Wimdu, 9flats und natürlich allen voran Airbnb lassen sich Wohnungen und Zimmer in jeglichen Luxus- und Preiskategorien finden. Die Seite airbnbvsberlin.de liefert umfangreiche Informationen über die tatsächliche Präsenz von Airbnb in unserer Hauptstadt. Besonders interessant ist, dass Berlin (Zweckentfremdungsgesetz hin oder her) mit Abstand die erfolgreichste Airbnb-Stadt Deutschlands ist.
„Berlin ist die unangefochtene Airbnb-Hochburg in Deutschland. In Berlin werden mehr Wohnungen und Zimmer über die Plattform vermietet als in Hamburg, München, Köln und Frankfurt zusammen.“ (Quelle: airbnbvsberlin.de)
Wer darf was und müssen Mietsünder mit Konsequenzen rechnen?
Wie illegal ist das nun eigentlich? Wenn etwa ein Student in den Semesterferien für ein paar Wochen verreist und seine Wohnung im Internet anbietet, um etwas Geld für den Urlaub dazu zu bekommen, welche Konsequenzen drohen ihm dann? Der Berliner Mieterverein fasst die Auswirkungen des Zweckentfremdungsgesetzes auf einer Infoseite zusammen und warnt vor Bußgeldern von bis zu 100.000 Euro. Von der Berliner Mietergemeinschaft haben wir dazu jedoch erfahren: „Auf dem Papier ist es für jeden verboten, aber um Studenten geht es hier gar nicht. Wenn jemand seine Wohnung nur selten untervermietet, braucht er nicht wirklich Angst zu haben, dafür tatsächlich belangt zu werden.“
Was ist dann der eigentliche Sinn dieses Gesetzes?
Es soll also unterschieden werden, ob man nur vereinzelt seine Wohnung untervermietet, damit sie vorübergehend nicht leer steht, oder, ob eine Wohnung dauerhaft in großem Stil, für viel Geld als Ferienwohnung fungiert. Für ersteres sind Sharingangebote wie Airbnb etc. eigentlich auch vorgesehen, nicht aber, um aus der Vermietung ein Geschäftsmodell zu machen. Da die Unterscheidung für die Behörden jedoch ein unmögliche Aufgabe wäre, gilt das Gesetzt für jegliche gewerbliche Zweckentfremdung.
Ähnliches erklärte uns auch der Neuköllner Bezirkspolitiker Jochen Biedermann (Bündnis 90/Die Grünen). Ihm zufolge versuche die Verwaltung in erster Linie die großen Anbieter zur Rechenschaft zu ziehen. Kleine Anbieter wie Studenten interessierten die Verantwortlichen nicht: „In der jetzigen Situation der Verwaltung würde es mich stark wundern, wenn das belangt würde.“ Er wies jedoch darauf hin, dass jeder, der eine Wohnung anbiete, mit Konsequenzen rechnen könne, so unwahrscheinlich das auch sein mag. Wer also Pech hat und an einen Beamten gerät, der einem aus irgendeinem Grund nicht wohl gesonnen ist, hat keine Möglichkeit, den rechtlichen Maßnahmen zu entgehen.
Seit dem Frühjahr 2016 gibt es die Möglichkeit, den Ordnungsämter online illegale Ferienwohnung zu melden, die man etwa in der eigenen Nachbarschaft vermutet. Biedermann sagte, dass die Meldungen seit Einführung dieses Angebots deutlich zugenommen hätten. Kritiker dieses Konzepts sehen darin nichts anders, als seine Nachbarn zu verpetzen. Nun steht die Verwaltung vor der utopischen Aufgabe, alle Meldungen auszuwerten und sinnvoll zu ahnden.
Wohngemeinschaften können sich entspannt zurücklehnen
WGs sind von dem Zweckentfremdungsgesetz nicht betroffen, solange sie sich an die Vorgaben halten: Das Gesetz erlaubt es nämlich, dass unter 50% der Wohnfläche ohne Genehmigung völlig legal untervermietet und auch als Übernachtungsmöglichkeit auf diversen Internetportalen angeboten werden dürfen. Das gilt auch dauerhaft, für das ganze Jahr. Die 50%-Grenze betrifft auch Eigentumswohnungen und Häuser. Ebenso ist der Tausch von Wohnungen zu Urlaubszwecken weiterhin problemlos möglich.
Kommentare:
Ferienwohnungen wird es Gott sei Dank immer geben. Ich weiss nicht wie Janos Szombati darauf kommt, dass täglich 10.000ende Wohnungen so vermietet werden. Am besten sagen wir doch gleich das es 1 Mio Fewos in Berlin gibt. Wenn dass redaktionelle saubere Arbeit sein soll, dann wäre es besser sich um einen anderen Job zu bemühen.
weiteres Interessantes auch hier dazu:
http://www.ivbp.de/News/news_dasselmania.html
Und bitte hört endlich auf an das Märchen vom bezahlbaren Wohnraum zu glauben. Das ist wie stimmungsmache für den Brexit. Der Senat hat die letzten 20 Jahre komplett versagt was den Wohnungsbau betrifft und jetzt wird die „Sau Ferienwohnung“ dafür durchs Dorf getrieben. Und was passiert ? Diese Leute werden in die Illegalität getrieben. Die paar Fewos (ca. 0,3 des gesamten Wohnungsmarktes) bewirken rein gar nichts auf dem Wohnungsmarkt. Und noch einmal zum Verständniss: für Wohnungsneubauten gehen die Mieten ungefördert ab 10 € / qm los, darunter geht kalkulatorisch gar nichts. Die Menge an geförderten Wohnungen mit 6,50 € / qm sind so verschwindend gering, dass der Senat gar nicht mehr weis welches Märchen er uns in den nächsten Jahren zum Thema bezahlbare Wohnungen erzählen will. Wieso dürfen eigentlich Bordelle, Anwaltskanzleien und Architekten Wohnungen Zweckentfremden ???