Text: Ulrike Bauer
Foto: Lucie Boysen
Quer durch den Saal des Heimathafens zieht sich die Bühne, die mit wenigen Requisiten wie einem Thron und ein paar Holzquadern auskommt. Mit weichen Sitzkissen, Nebelschwaden und stimmungsvoller Musik wird der Zuschauer gleich zu Beginn des Stücks Teil der Märchenrunde. Doch bevor es gemütlich wird, geht es zunächst reichlich energiegeladen zu. Assoziationen an die tödlichen Spiele der „Hunger Games“ tun sich auf, wenn sich die Akteure in sportlichen Übungen, im Singen und Klettern messen und einer nach dem anderen an der königlichen Aufforderung „Erobere mich!“ scheitert. Daran schließt sich eine etwas zu ausufernde Meinungsverschiedenheit über die notwendigen Bestandteile einer guten Geschichte an. Plötzlich fällt eine Froschmaske in die Szenerie und alle finden ein passendes Märchengewand für sich, das sie überstreifen, um sich anschließend in einem sanften, liebkosenden Tanz anzunähern.
„Er hatte keine Ahnung davon, wo die Grenze verläuft zwischen einem freundlichen gemeinsamen Lachen und dem hämisch fiesen Grinsen, das der Wolf aufsetzt, bevor er Rotkäppchen verschlingt.“
In „So war das nicht“ wird die Macht des Erzählens zelebriert. Dabei setzen sich die Darsteller mit überlieferten und eigenen, modernen Märchen auseinander und stellen sich immer wieder die Frage, was eigentlich erzählenswert ist. Ein Stück ganz persönliche Erzählkunst der Darsteller erleben die Zuschauer in dem Part, in welchem diese ins Publikum vordringen und den jeweils um sie Sitzenden eine eigene Geschichte schildern. Entscheidend scheint die Perspektive zu sein, die für jeden einzelnen anders ausfällt und daher kein unumstößliches „Es war einmal…“ zulässt.
Fazit: Ein leidenschaftliches Plädoyer für das Erzählen und Erinnern, das sich auch als Maßgabe für das gemeinsame Leben im Bezirk eignet.