Man erwartet ein buntes Sammelsurium, doch die Ausstellung „Mit freundlichen Grüßen“ im Labor Neukölln 2 ist minimalistisch gehalten. Unscheinbare und skurrile Alltagsgegenstände stehen auf Sockeln und Regalböden. Büroclips, Taschenlampen, Döschen und Schächtelchen werden zu Kunstwerken erhoben.
Anfang Juni begannen die Künstler des Agora Collective einige Hundert handgeschriebene Briefe an die Bewohner der Karl-Marx-Straße zu verteilen. Sie forderten die Anwohner auf, ihre liebsten Gegenstände in die Galerie im Saalbau zu bringen und die dazugehörige Geschichte aufzuschreiben. So soll ein Portrait der Karl-Marx-Straße entstehen. 35 Gegenstände sind bisher zusammengekommen von Menschen, die man größtenteils als jung, international und künstlerisch zusammenfassen könnte. Ihre Geschichten klingen etwa so:
Johanna und Werner, Papier, 31,9 x 21 x 1,5 cm, 1996: „Es ist ein Buch in welche ich und mein Vater uns briefe geschrieben haben in ein zeitraum von 2 Jahren, als ich 10 Jahre alt war. 3 Jahre danach ist mein Vater gestorben, und ich denke dass er es absichtig gemacht hat, so dass ich eine erinnerung habe.“
Das letzte abendmahl, Holz, 31,2 x 3,5 cm, 1992: „Ich habe mich diese Teller zum hochzeitsgeschenk bekommen, von eine Tante, die ich sehr mag. Den Teller mag ich nicht, aber ich kann ihn nicht weg werfen, es steht immer im Schrank, aber ein mal im Jahr, benutze ich ihm, und zwar im Advent, dann mache ich ein Adventskrants, und lege ich auf dem Teller.“
Survival, Porcelain, 2,5 x 6 x 1,7 cm, 2013: „A very special friend of mine send me a package with typical things from my home land, Portugal, and this object was one of them. It reminds me of her and my country and it also symbolizes freedom and independence.”
Das Herzstück der Schau ist eine Wand aus kleinen Regalböden, auf denen der Großteil der Gegenstände ausgestellt wird. Über Kopfhörer hört man die eingesprochenen Geschichten und begibt sich bei jeder auf die Suche nach dem dazugehörigen Lieblingsstück. Die meisten Gegenstände erinnern ihre Besitzer an geliebte Personen, an die Heimat, an einen längst vergangenen Lebensabschnitt.
Trotz der sehr ästhetisierten und nüchtern konzipierten Hängung kommen nostalgische Gefühle auf und man denkt an die eigenen kleinen Schätze, die man hier vorbeibringen würde. Den Ausstellungsmachern ist damit eine berührende Installation gelungen. Ein repräsentatives Gesamtportrait der Karl-Marx-Straße gelingt allerdings nicht.
Galerie im Saalbau (PAS-20), Karl-Marx-Str. 141, Sa 10-24, So 10-19