Im Zweifel für Tante Emma

Wir Machen NeuköllnDie Karl-Marx-Straße ist traditionell Neuköllns wichtigste Shoppingmeile. Eine Fotoausstellung wirbt für den Einzelhandel im Kiez abseits von Karstadt, H&M und Media Markt. (mehr …)

Montag, 12. Dezember 2011

Sie ist seit langem die Straße der großen Geschäfte. Den Beginn der Karl-Marx-Straße markiert Karstadt am Hermannplatz, eines der größten Warenhäuser Deutschlands. Dem Straßenverlauf Richtung Südosten folgend, gelangt man vorbei an den Neukölln-Arcaden und dem ehemaligen Hertie-Haus (heute Karstadt-Schnäppchen-Center) bis an das Neuköllner Tor, ein weiteres Einkaufszentrum, wie es überall in Deutschland stehen könnte. An der A100 ändert die Karl-Marx-Straße schließlich ihren Namen in Buschkrugallee. Entlang dieser rund drei Kilometer tummeln sich neben den gesichtslosen Großen eine Menge Handyläden, Apotheken, Textildiscounter und weitere kleine Shops, in denen man so gut wie jede Ware bekommt. Von Perücken über Hörgeräte bis Waffen ist alles dabei – und das seit 120 Jahren, wie wir kürzlich in einer Zeitreise berichteten.

Werbung mit Sympathiewert

Wir Machen Neukölln

Schon mal gesehen? Ali Osman von Keskin Export

Genau diesen Einzelhändlern, die mit oftmals viel Enthusiasmus ihr kleines Fachgeschäft im Schatten großer Handelsketten betreiben, will das Projekt „Wir Machen Neukölln“ mit einer Fotoausstellung mehr Präsenz verleihen. Förderer sind das Quartiersmanagement Richardplatz-Süd und die Aktion Karl-Marx-Straße.

Die Open-Air-Schau, die noch bis 6. Januar 2012 an einer Mauer der Magdalenenkirche zu sehen ist, bewegt sich zwischen Kunstprojekt und Marketingmaßnahme. Denn wie bei vielen Initiativen der Aktion Karl-Marx-Straße geht es um Wirtschaftsförderung, auch wenn der Untertitel „Ein Projekt für und aus Neukölln“ einen gewissen gemeinnützigen Anstrich mitschwingen lässt.

Doch die Fotografin Christina Stivali, bisher unter anderem mit Porträts der Berliner Rapper Fler, Sido und B-Tight in Erscheinung getreten, hat sympathische, starke und ehrliche Bilder geschaffen. Ihre Fotos von Neuköllner Gewerbetreibenden in ihren Läden spiegeln die kulturelle Vielfalt im Kiez und ebenso die Bandbreite an Geschäften und Dienstleistungen wider.

Wir Machen Neukölln

Späti-Besitzer Varinder und IT-Fachfrau Dieu Hao Abitz

Da wäre Betten Mier: Die Familie Mier fertigt und reinigt seit 100 Jahren Bettdecken und betreibt ein Daunenmuseum. Gönül’s Art ist nicht nur das Atelier von Malerin und Autorin Gönül Hürrieyet Aydin, sondern auch belebter Treffpunkt für Kunstinteressierte. Die steigenden Mieten brachten Luis Enrique Drews Albano dazu, mit seinem Sieb- und Textildruckgeschäft Imprenta von Kreuzberg nach Neukölln zu ziehen. Diese Geschichten erzählen die ausgestellten Fotografien natürlich nicht. Aber sie sind eine Einladung, abseits von Karstadt, H&M und Co. Geld auszugeben und auch mal ein Schwätzchen mit den Menschen am Tresen zu halten.

Wir Machen Neukölln
Karl-Marx-/Ecke Kirchhofstr.
bis 6.1.2012
http://wirmachenneukoelln.tumblr.com/

Kommentare:

  • flo sagt:

    finde die fotos klasse!
    aber zum thema „wir machen neukölln“ …großteils etwas traurig kuckende menschen, die von der friedhofsmauer prangen…eine ehrliche arbeit,
    die hoffentlich nicht recht behält und die kleinen läden überleben lässt
    in zeiten von gentrifizierung und der aaach so schönen freien marktwirtschaft

  • Celine sagt:

    @Regina: Vielen Dank für deinen Artikel. Es freut uns, dass Du dich für die Ausstellung interessierst! Ich würde gerne hinzufügen, dass die Aktion! Karl-Marx-Straße nicht der Initiator des Projektes ist, sondern von Mitbürgern aus Neukölln, die sich wünschen, dass der besondere Charakter Neuköllns nicht verloren geht. Gentrifizierung ist immer noch das Wort der Stunde. Ziel dieser Initiative ist es, die Menschen in den Vordergrund zu stellen, die letztlich Neukölln prägen und zu dem machen, was es heute ist. In diesem Sinne ist die Ausstellung auch ein weg, Menschen zusammenzubringen, die sich unter anderen Umständen selten begegnen: Gewerbetreibende, Künstler, Kulturarbeiter, Ehrenamtliche Stadtarbeiter, Studenten usw.

    @flo: Wir freuen uns, dass die Bilder Dir gefallen! Ich finde, dass die direkten Blicke der Portraitierten Neugier wecken und ehrlich sind. Sie laden die Zuschauer dazu ein, mehr über diese Menschen zu erfahren, die man sonst vielleicht nur hinter dem Tresen trifft.

    Viele Grüße! Celine

  • Regina Lechner sagt:

    Hi Celine, danke für deine Anmerkungen! Wir wünschen viel Erfolg!