Von Alexander Völkert
Zehn nach Sieben am Schwimmmeisterturm. Ein Dutzend Kinder, fünf bis acht Jahre alt, wartet auf Bademeister Sven. Endlich ist er da: Die Kids bewaffnen sich mit Einweghandschuhen, Sven drückt ihnen kleine Plastiktüten in die Hand, teilt die Reviere ein und schon düsen sie los über die Wiesen des Columbiabads. Akribisch genau suchen die Kids nach Müll, schnell die Tüte vollkriegen! Die wird dann in die großen Mülleimer gelehrt, fertig. Zeit für die Belohnung: eine Freikarte.
Wer Stress macht, fliegt
Kurz davor am Sprungturm: ein vielleicht Sechzehnjähriger drängelt sich in der Schlange am Dreimeter-Turm ganz nach vorne. „Das kannste machen und niemand wird dich hindern, aber dein Verhalten ist miserabel, asozial und unfair gegenüber den anderen.“, kommentiert ein Mann Ende Zwanzig von fast Zwei Metern Größe, Typ Student. „Wir sehen uns noch“, entgegnet der Dränger sichtlich überrascht. Zehn Minuten später steht der Übeltäter mit zwei Freuden da.
Sven greift ein, der Sicherheitsdienst erteilt den Jungs Hausverbot. „Der ist schon mehrfach aufgefallen und kommt dieses Jahr nicht mehr rein. Achtet bitte darauf!“ Der Schwimmmeister erklärt: „Wer Stress macht, wird einmal ermahnt. Beim zweiten Mal fliegt er raus und kommt auch nicht mehr rein.“
Neues Sicherheitskonzept funktioniert
Das neue gemeinsame Konzept von Berliner Bäder Betrieben, Sicherheitsdienst und Polizei scheint zu fruchten. Trotz heißem August gab es den ganzen Monat über weder eine vorzeitige Räumung noch größere Zwischenfälle im Sommerbad. Zwölf Sicherheitsleute pro Schicht sind im Einsatz. Die Hälfte von ihnen kontrolliert den Zaun um das Bad – damit keiner heimlich rübermacht. Erteilte Hausverbote werden konsequent umgesetzt. Am Einlass: Taschenkontrolle. Keine Glasflaschen, keine Messer. Der Rest der Sicherheitsleute soll im Bad für Sicherheit sorgen. Die Durchsagen der Bademeister macht einer von ihnen auf Arabisch.
Lars´ Traum: Bademeister werden
19:30 Uhr. Zeit, die großen Abfalleimer zu leeren. Lars schaut in den rechten Außenspiegel, alles in Ordnung; Blick in den linken Außenspiegel, ebenfalls alles in Ordnung. Mit der linken Hand zieht er den Schalthebel zu sich, lässt die Kupplung kommen und gibt Gas. Hinter seinem stolzen Lächeln blitzt eine Zahnspange hervor. Lars ist vielleicht fünfzehn, auch er hilft hier freiwillig.
Lars fährt mit dem Traktor die Abfallbehälter ab und sammelt die Mülltüten ein. Svens Schützling ist nicht der erste, und sicher auch nicht der letzte, der sich hier sicher und zu Hause fühlt. Lars kommt ins Columbiabad, seit er denken kann. Sein Traum: Bademeister werden. „Er wird das schaffen. Da bin ich mir sicher. Unser Vorheriger Helfer hat es auch geschafft. Er macht jetzt eine Ausbildung“, erzählt Bademeister Sven mit einem stolzen, fast väterlichem Lächeln.
Anfangs sei gar nicht sicher gewesen. Der Junge, von dem die Rede ist, machte seine Hausaufgaben nicht, schwänzte die Schule, als er anfing, im Sommerbad zu helfen. Hier fand er eine Art zweites Zuhause. Die Mitarbeiter banden ihn ein, verschafften ihm eine Aufgabe. Auch er fuhr den kleinen roten Traktor, half den Müll wegbringen. Und er macht das auch heute noch. Pünktlich um 19:30 steht er nach Feierabend da und hilft selbstverständlich mit. Denn die Leute im Sommerbad, das ist seine Familie.
Kommentare:
Schöner Artikel“Zuhause im Columbiabad“, mir fehlt allerdings ein Kommentar dazu, dass in diesem Jahr das Columbiabad nur 2 Monate – vom 27. Juni bis 30. August – geöffnet war. Im Mai und Juni war es wegen Bauarbeiten geschlossen – warum konnte man die nicht im März /April erledigen. Gestern, an einem der heißesten Tage machte es dann zu weil „die Saison zu Ende ist“. Welcher Privatbetrieb würde sich sowas leisten können.
Schön blöd dass wir aus Neukölln jetzt wieder zum Prinzenbad müssen.