Die Sonne lachte, das Bier floss in Strömen und DJ Triton sorgte für fulminante Beschallung. Das 2. Rücktrittrennen auf dem Tempelhofer Feld war angerichtet. Ungeduldig warteten die Teilnehmer des Rücktrittrennens am Start zur Einführungsrunde. Da stand Termi und das 26 Kilo schwere Chopper. Daneben Wonder Woman auf dem 70er Jahre Superhelden-Klappi. Der Sultan hatte seine Schrottschraube eigens aus der Spree gefischt, während die Familienkutsche mit Vater und(!) Sohn schon vorab größten Respekt einheimste.
Den Notstand mit Bolzenschneider beenden!
Aber: Es war Not am Fahrrad. Mehr Teilnehmer als Räder waren auf das Tempelhofer Feld gewandert. Der Sultan wollte kurzerhand zum Hermannplatz brettern und den Notstand mit einem Bolzenschneider beenden. Im letzten Moment wurde entschieden: Es wird verliehen! Größtes Fair-Play! Lola vom HotDogRad kümmerte sich da bereits aufopferungsvoll um die hungrigen Radsportfans. Die Schlange reichte bis weit auf die Strecke.
Auf der Einführungsrunde gleich der erste Sturz. Wonder Womans Umhang hatte sich in die Speichen des Wüstenfuchses verfangen. Die Konkurrenz zeigte kein Mitleid und überholte die Favoritin. Schnell war klar: Hier kämpft jeder für sich. Ausgemachter Publikumsliebling war die kleine Prinzessin, die sich, obwohl noch Mitglied im Nachwuchsteam, wacker durch die grüne Hölle und den Bombenkrater kämpfte. Die Zuschauer tobten, die Field-Security war verwirrt und hätte beinahe den Zieleinlauf versperrt. Hey! Weg da!
Fixie-Styler vs. 00-Schrottbike-Crew
Nach den ersten Ausscheidungsrennen trennten sich bereits die lahmen Klepper von den Rennmaschinen. Ein erster Lenkerbruch war zu beklagen. Klare Sache! Der Fixie-Styler und die OO-Schrottbike-Crew würden den Sieg unter sich ausmachen. Letztere hatten allerdings den Vorteil von mitgebrachten Stullen. Bereits nach drei absovlierten Runden zeigte der Sultan erste Ausfallerscheinungen: Er schrie nach Blutdoping und hielt sich schwer atmend an seinem Flensburger fest.
Es ploppte aber nicht nur im Fahrerfeld! Auch die Zuschauer waren bedenklich angeschickert, als es zur Königsdisziplin überging: längste Bremsspur. Todesmutig legten sich die Rücktritttritter über die Lenker, um noch das letzte bisschen Schotter unter dem glühenden Gummi zur Verdrängung zu bringen. Japanische Touristen wären beinahe als Kollateralschaden zu beklagen gewesen, aber wer unvorsichtig den Parcours kreuzt, braucht sich nicht zu wundern.
Vom Le-Mans-Start zu Tränen gerührt
Der Le-Mans-Start, die nächste halsbrecherische Disziplin, verlegte das Renngeschehen auf die Startbahn. Emotionen. Der Sultan erfüllte sich einen lange gehegten Kindheitswunsch. Es flossen Freudentränen. Und der Alkohol zeigte erste bedenkliche Anzeichen: Drei Sieger in zwei Rennen wurden gekürt. Die anschließende Posingrunde war schnell entschieden. Das Kunstrad-Balettpärchen verwies Wonder Woman klar auf den 2. Platz. Die Schrottbike-Crew warf mit Unterhosen um sich. Eine Disqualifikation lag in der Luft. Termi auf dem Chopper machte ohnehin die coolste Figur. Da konnte sich der übermütige Nachwuchs noch was abschauen.
Schließlich stand die Siegerehrung an. Alle lagen sich glücklich in den Armen, das Bier spritzte in die Gesichter der Sieger und DJane Miss Evoice brachte die Afterparty zum Tanzen – bis die Sonne langsam unterging. Die zahlreichen Rücktrittfans, die sich schon auf dem Heimweg befanden, fieberten da schon der dritten Auflage des Rücktrittrennens entgegen, wenn es im nächsten Jahr wieder heisst: „Wer Rücktritt sät, wird Bremsspur ernten.“
Fotos: Markus Austel