Der Berliner Fußball schreibt manchmal unschöne, manchmal aber auch skurrile Geschichten. Dieses eher dunkle Kapitel hat der Neuköllner Berlin-Ligist SV Tasmania beigetragen. Dabei kam die Entlassung des Tas-Trainers Abu Njie, um den sich die ganze Affäre dreht, zu einer äußerst ungewöhnlichen Zeit.
Ende Februar hatte Tasmania noch Regionalligist Viktoria 89 aus dem Viertelfinale des Berliner Pokals rausgekegelt. Anfang März stand die Tasmania in der Berlin-Liga in der Spitzengruppe. Auch deshalb kam die Suspendierung kurze Zeit später überraschend. Der geschasste Coach sagte vergangene Woche in einem Interview mit der Fußball-Woche: „Der Mobbing-Vorwurf ist nicht haltbar.“ Er räume zwar ein, dass Probleme mit der Betreuerin bestanden haben, aber die eigentlichen Gründe sollen sportlicher Natur gewesen sein.
Krisengespräche und zwei Versionen
Njie: „Ich wollte bei Tasmania professionellere Strukturen einführen, damit der Verein wieder nach oben kommt. Tasmania ist ein schlafender Riese, der wachgeküsst werden muss. Mir ging es dabei überhaupt nicht um meine Person. Doch diesen Weg wollte die Klubleitung nicht mitgehen, weswegen sie sich von mir getrennt hat.“ Besagte Klubführung hatte eine Woche zuvor eine ganz andere Version des Krisentreffens auf dem Vereinsgelände an der Oderstraße öffentlich gemacht. Nije habe, laut Vorstand Detlef Wilde, „Mobbing in Reinkultur“ betrieben, und das seit etwa einem Jahr. Das sei der Auslöser für die Entlassung gewesen. Und dies soll ihm auch so mitgeteilt worden sein.
Im Gespräch mit dem Tagesspiegel erklärte Wilde zudem, es habe mehrere Krisengespräche mit Njie gegeben. Trotzdem sei die Situation immer schlimmer geworden, die betreffende Person habe am Rande des Nervenzusammenbruchs gestanden. Dabei handelt es sich um eine junge Betreuerin, die schon seit Jahren für die 1. Mannschaft tätig ist. Nije war von den Fähigkeiten der Betreuerin offenbar nicht überzeugt, wollte sie laut eigener Aussage aus dem Betreuerteam raus haben. Ob da noch mehr Dinge vorgefallen sind, wissen wohl nur die Beteiligten selbst.
„Die Hintergründe interessieren mich nicht“
Fest steht, dass die Trainerentlassung – rein sportlich! – ein herber Rückschlag für die Ambitionen der Tasmania bedeutet. Das Trainerteam um Abu Njie stand für den sportlichen Aufstieg des Vereins, führte den Klub von der Landesliga in die Berlin-Liga, schaffte gar den Einzug ins Berliner Pokalfinale 2014 und verpasste letzte Saison nur knapp den Aufstieg in die Oberliga. Nije galt als äußerst ehrgeiziger, fast schon erfolgsbesessener Trainer. Hatte er den Bogen diesmal überspannt?
Sein Nachfolger Miroslav Jagatic weiß jedenfalls, in welch große Fußstapfen er da getreten ist, möchte aber die ganzen Vorkommnisse und Darstellungen nicht kommentieren. „Die Hintergründe der ganzen Geschichte interessieren mich nicht. Ich bin hier von der Mannschaft und vom Vorstand super empfangen worden. Und sportlich gleich in die Vollen gegangen“, meinte Jagatic am Rande des glücklichen 2:1-Sieges in der Berlin-Liga am gestrigen Sonntag gegen den SFC Stern 1900. Sein Team bleibt damit auf dem 2. Tabellenplatz.
Keine weitere Stellungnahme
Lange aufhalten mit der Situation will sich im Verein ohnehin niemand mehr. In der Stadion-Zeitung vom Sonntag war im Grußwort von Vorstand Detlef Wilde zu lesen, dass man auf die „leider nicht wahren Gegendarstellungen“ von Nije nicht mehr reagieren möchte: „Wir sind der Meinung, dass jede weitere Stellungnahme keine Ruhe einkehren lässt, die wir und vor allem die Mannschaft mit ihrem neuen Trainer so dringend benötigen.“
Eine durchaus verständliche Reaktion angesichts der kommenden Aufgaben für die Tasmania. Schon am Mittwochabend geht es im Halbfinale des Berliner Pokals gegen Oberligist Lichtenberg 47 um den Finaleinzug. Anstoß ist um 19 Uhr in der Bornitzstraße.