Die 250 Künstler und Künstlerinnen des Kunstvereins Neukölln waren aufgerufen, das Paket künstlerisch zu interpretieren und das Ergebnis an den Kunstraum t27 zu schicken. Die Einsendungen reichen vom Hasenkäfig über das Vogelhäuschen bis hin zum Drahtgestell, das nur noch die Umrisse des länglichen Quaders andeutet. Hier trashig-plüschig, dort minimalistisch, ergibt sich eine große formale wie inhaltliche Bandbreite in der Ausstellung.
Die Künstler begeben sich mit ihren Kunstwerken in die Tradition der Mail Art, die bis in die 60er Jahre zurück reicht. Begründet wurde sie u.a. von Ray Johnson, einem New Yorker Underground-Künstler. Er sendete selbst gestaltete Postkarten an Kollegen mit der Bitte, sie zu bearbeiten und weiter zu verschicken – so entstand Kunst im Netzwerk, frei von Eitelkeiten und kommerziellen Ansprüchen. Kunstschaffende aus den sozialistischen Staaten Osteuropas oder aus Lateinamerika nutzten den Postversand dagegen, um ihre Werke überhaupt einem Publikum im Ausland zugänglich machen zu können. Ihre Briefe und Postkarten waren kleine Kunstwerke mit politischer Sprengkraft, deren Versand natürlich nicht ungefährlich für ihre Urheber blieb.
Neben den künstlerischen Paketen zeigt der Kunstraum t27 am 22.12. Filme und Filmfragmente, die sich mit Schachteln, Verpackungen und der Post auseinandersetzen. Aus einer Unmenge von gepolsterten Umschlägen setzt sich etwa das abstrakte, hypnotisierende Video „Unsubscribe #1: Special Offer Inside“ von Jodie Mack zusammen. Mit Len Lye ist ein echter Pionier der Filmkunst vertreten: Für „Color Box“ übermalte er 1935 einen Werbeclip der britischen Post, so dass ein Tanz aus Farben und Formen entstand. Wenig bekannte Filmkunstwerke, die unbedingt sehenswert sind.
„Projektionen“ im Kunstraum t27
22.12.2011, 19.30 Uhr
Ausstellung „mail³ art“ bis 15.1.2012
Thomasstraße 27
www.kunstraumt27.de