Kunsträume Neukölln
18 Neuköllner Kunsträume haben sich vor kurzen zur Plattform „Kunsträume Neukölln“ zusammengeschlossen, um mehr Sichtbarkeit für ihre Arbeit zu erreichen und sich intensiver auszutauschen. Zu den 48 Stunden finden täglich Führungen statt, die die Bandbreite der Neuköllner Kunsträume zeigen. Wir haben bereits vorab eine Tour zu den Orten unternommen und empfehlen euch, was sehenswert ist.
Verschiedene Orte in Neukölln, Fr 19 – So 19 Uhr
Vollgutlager
Neukölln ist um eine Eventlocation reicher: Das Vollgutlager der Alten Kindlbrauerei wird seit wenigen Monaten als Veranstaltungsort genutzt und bildet eines der Zentren von 48 Stunden Neukölln. Hier zu sehen: Eva Schmeckenbechers Arbeit „Festmahl“, basierend auf mehreren Fotoprints aus dem Familienalbum, die sie mit Bügeleisen, Schleifpapier, Klebeband und Tusche bearbeitete, bis kaum mehr etwas von der harmonischen Feststimmung übrig blieb. Aus sieben recycelten Glascontainern hat Andreas Heim einen begehbaren „Dom“ gebaut – von außen höchst profan, von innen erstaunlich erhebend. Und bei „Hirn meldet Hunger“ von Carolin Koch verfolgt der Betrachter über mehrere Objekte der Künstlerin, was bei Hunger und Sättigung im Körper passiert. Auch hier waren wir schon mal vorab und berichten, was ihr dort zu sehen bekommt.
Vollgutlager in der ehem. Kindl-Brauerei, Fr 19 – Sa 2 Uhr, Sa 11 – So 2 Uhr, So 11 – 19 Uhr, Rollbergstr. 26, Eingang über den Vorplatz (wie SchwuZ)
Junge Kunst NK
Ein Festival im Festival für Kinder und Jugendliche. Unter dem Titel „Schlaraffenland“ geht es in diesem Jahr darum, wie eine Welt aussehen kann, in der Träume wahr werden. Smartphones wachsen an Bäumen, ein Wasserfall besteht aus Schokolade und ein Jungbrunnen macht es möglich, dass man nie erwachsen werden muss. Die Beiträge stammen von Schülern der Neuköllner Grundschulen oder sind in Jugendclubs, Malgruppen, Projekten mit jungen Geflüchteten und den Kursen des Kinderkünste-Zentrum Young Arts Neukölln entstanden. Dort befindet sich auch das Zentrum von Junge Kunst NK. Weitere Beiträge sind unter anderem in den Neukölln Arcaden, dem Kinder- und Jugendzentrum Lessinghöhe oder auch am Körnerpark zu sehen.
Verschiedene Orte in Neukölln, Fr 10 – So 19 Uhr
Musikschiff
Als Berliner verschlägt es einen ja höchstens auf ein Ausflugsschiff, wenn die Verwandtschaft aus der Ferne zu Besuch ist. Dabei ist es eigentlich ganz wunderbar, langsam auf dem Wasser durch die Stadt zu gleiten. Das ist während 48 Stunden Neukölln auf dem Landwehrkanal möglich, und sogar mit Live-Musik. Das Musikschiff ist mittlerweile eine feste Institution im Festival geworden und entsprechend hoch ist meist der Andrang. Also empfiehlt es sich, zeitig an der Anlegestelle zu sein, denn die Plätze sind heiß begehrt. In diesem Jahr spielen unter anderem Montag Mania, experimenteller Electro-Pop aus Schweden, Stephen Paul Taylor, der verrückte Straßenmusiker, der auch schon in der Casting-Show „Das Super-Talent“ zu Gast war, sowie Barbara Morgenstern, die seit vielen Jahren Musik zwischen rhythmischen Electronica und anspruchsvollem Songwriting macht.
Spree-Prinzessin, Sa 14-20, So 13-19 Uhr, Schiffsanleger Wildenbruchbrücke, Abfahrt jeweils zur vollen Stunde, Eintritt 2 Euro
Offene Ateliers
Es ist immer ein besonderes Erlebnis, Kunst da zu sehen, wo sie entsteht. Während des Festivals laden viele Neuköllner Künstler in ihre Ateliers. So kann man etwa dem italienischen Maler Davide Biagiotti bei der Arbeit zusehen und bei einem Kaffee mit ihm über Maltechniken und Motive plaudern. Wer in Martin Kestings „Roof Top Studio“ hinaufsteigt, bekommt eine Ausstellung mit Objekten und fotografischen Arbeiten zu sehen, in denen er Parallelen zwischen Berlin und Jerusalem zieht. Patrick Thomas unterrichtet Kommunikationsdesign an der Kunstakademie Stuttgart und präsentiert in seinem Neuköllner Atelier Arbeiten seiner Studienklasse. Dazwischen stellt der Hausherr auch eigene grafische Arbeiten aus. Gleich auf fünf Etagen wird in der Schönstedtstraße 13 Kunst produziert. Das Atelierhaus öffnet ebenfalls zum Festival seine Tore. Hier sind etwa die Installationskünstler Almyra Weigel und Max Sudhues sowie der Maler Kai Jetter beheimatet.
Atelier Davide Biagiotti, Sa 11-20, So 14-19 Uhr, Sonnenallee 194, Neukölln
Roof Top Studio, Fr 19-22, Sa 14-22, So 14-19 Uhr, Nogatstr. 39, Seitenflügel re., 5. OG
Patrick Thomas Studio Berlin, Fr 19-23, Sa 11-23, So 11-19 Uhr, Weichselplatz 3 – 4, 1. Hof, 2. OG re.
Atelierhaus Schönstedtstr. 13, Fr 19-23, Sa 14-19, So 14-19 Uhr, Schönstedtstr. 13, 1. und 2. Hinterhof
Hi-Res! Berlin
In einem alten Parkhaus befindet sich die Berlin-Dependance der Kreativagentur Hi-Res!, die auch in diesem Jahr einen Teil ihrer beeindruckenden Räumlichkeiten für Festivalbeiträge zur Verfügung stellt. In Panthea Lachins Videoarbeit „An… Denken“ frisst ein Bagger alte Häuser, während der Protagonist im Staub seine Heimat sucht. Der Fotograf Antti Pussinen nimmt die Perspektive eines Jägers ein, der nicht aus Hunger tötet, sondern aus Spaß am Töten. Und Philipp Hahn, der 2014 bei 48 Stunden Neukölln eine äußerst faszinierende „Zeitmaschine“ präsentierte, ist in diesem Jahr mit einer neuen interaktiven Videoinstallation dabei. Sein „Cryptochron“ versucht das Verstreichen von Zeit zu dechiffrieren. Die Apparatur zerlegt Vergangenheit und Zukunft in ihre Einzelteile und spielt sie gegeneinander aus.
Hi-ReS! Berlin, Fr 19 – 23, Sa 14 – 22, So 14 – 19 Uhr, Ganghoferstr. 10, Eingang Parkhaus/5. OG
Leather Report
Als der Neuköllner Autor Thomas Lindemann kürzlich sein Buch über den Bezirk schrieb („Keine Angst, hier gibt’s auch Deutsche!“ – Leseprobe hier), fiel ihm auf: Neukölln hat noch keine Hymne. Mit seinem Quartett Leather Report hat er das geändert und die Elektropop-Nummer „Neuköllner“ produziert. Am Freitag hat der Song Premiere beim Konzert in der Bar Deriva, dabei wird auch das zugehörige Musikvideo gedreht.
Bar Deriva, Fr 20 Uhr, Mainzer Str. 23
Mediterranean Frequencies
An acht Punkten in Neukölln stellt Avi Bohbot Radiotransmitter auf. Sie übertragen Musik aus dem Nahen Osten und dem Maghreb, die die Besucher über Radiogeräte und Smartphones empfangen können. Bohbot hat in seiner Heimat Israel eine monatliche Internet-Radiosendung, in der er kaum bekannte Interpreten aus Israel und dem Mittleren Osten vorstellt. Neukölln ist für den Grafikdesigner ein Multi-Kulti-Bezirk. Mit seinem Radioprojekt zeigt Bohbot, wie vielfältig die Wurzeln der Menschen sind, die hier leben.
Schillerpromenade, Richardplatz, Körnerpark, Karl-Marx-Platz, Jan-Hus-Weg, Falkstr., Tempelhofer Feld / Eingang Oderstr. (Orte sind durch Aufsteller gekennzeichnet), Fr 19 – So 19 Uhr
Food
Essen zu fotografieren ist in Zeiten von Instagram und Food Blogs zu einer weit verbreiteten Kulturpraktik geworden. Nora Del Cero nimmt die Hochglanzoptik aufs Korn, bei der einem das Wasser im Munde zusammenlaufen soll: Küchenschwämme arrangiert sie zu Sahnetorten, Muffins setzt sie in einen Kronleuchter und Bananen, Käse und Toastbrotscheiben stapelt sie zu einem turmhohen Sandwich – als Symbole einer Überflussgesellschaft, in der Essen nicht zwingend Nahrung ist, sondern zur Dekoration verkommt.
Blender & Co, Fr 19 – Sa 2, Sa 11 – So 2, So 11 – 19 Uhr, Boddinstr. 32/33
Teilen Macht Reich
Im Sharehaus Refugio leben seit einem Jahr Tür an Tür Menschen, die ihre Heimat verloren haben – darunter auch viele Flüchtlinge. Das Projekt der Berliner Stadtmission ist ein einzigartiges Experiment. Die Bewohner lernen Deutsch und engagieren sich je nach individuellen Fähigkeiten in der Hausgemeinschaft und im Kiez. Während der 48 Stunden Neukölln ist das Wohnprojekt offen für Besucher. Das Programm reicht von Tanzaufführungen, einer Fotoausstellung, Storytelling und Kunstworkshops bis zu Stadtführungen mit den Geflüchteten. Auch außerhalb des Festivals kann man übrigens das Café von Sharehaus Refugio besuchen (Di-So 10-18 Uhr).
Sharehaus Refugio, Fr 19 – 20, Sa 14 – 20 Uhr, Lenaustr. 4
Das große Halbe Vol. 2
Was passiert eigentlich mit uns, wenn wir dauerhaft online sind? Laut einer aktuellen Studie verbringen die Deutschen täglich 2,4 Stunden in den sozialen Netzwerken. Die Theaterformation weristjack erarbeitet dazu eine Performance. Am Samstag Nachmittag wird das Stück gemeinsam mit Besuchern in einem interaktiven Versuchslabor konzipiert, abends folgt dann die Aufführung.
Schillerpalais e.V., ab 15 Uhr offene Probe, Präsentation um 20 Uhr, Schillerpromenade 4