Vegane Inseln

„Kein Pelz!“, dieser Botschaft begegnet Antje Sachwitz nicht nur einmal auf ihrer Tour durch vegane  Läden und Restaurants in Neukölln, bei der Hot Dogs, Pizzen und Muffins auf dem Prüfstand stehen. (mehr …)

Text:

Donnerstag, 18. April 2013

Text: Antje Sachwitz

Veganismus ist im Mainstream angekommen. Zeit für eine Fleischesserin, Vorurteile genauer unter die Lupe zu nehmen. Immerhin haben sich in Neukölln bereits zu 100% vegane Inseln gebildet. Trotz der meist alternativen Gäste sind vegane Läden jedoch längst nicht mehr nur für Veganer.

Eine junge Frau im Café Vux in der Wipperstraße 14, unweit vom S-Bahnhof Neukölln, erklärt, „viele meiner Freunde, die nicht Veganer sind, kommen oft aus Neugier mit.“ Ein Pappschild an der Tür des Cafés erinnert daran, dass Pelz nicht erwünscht ist. Die Umhängetasche aus Kamelleder, gekauft von einem Straßenhändler in Marokko, müsste genau genommen auch draußen bleiben. Auch ein Kamel hatte mal Pelz. Doch die Bekleidung der Gäste interessiert beim Betreten des Cafés niemanden. Das Interieur ist modern, weiße Wände und Möbel aus Holz. Es ist schön, aber ein bisschen kühl.

Café Vux in der Wipperstraße © Sachwitz

Ich bestellte mir einen scharfen Bagel namens „Smoky Habanero“ für 3,50, einen Schokomuffin mit ganz viel Zuckerschicht oben drauf für 2,70 Euro und einen Kaffee für 1,50 Euro. Die Preise sind sehr fair und der Bagel frisch und richtig gut. Die Schärfe gibt dem Essen das gewisse Etwas, die Tofuscheiben bereichern den Belag. Der Schokomuffin entspricht, trotz rein veganer Zutaten, dem Standard, nur die Zuckerschicht ist zu viel für meinen Geschmack. Das Personal im Vux ist freundlich und angenehm zurückhaltend, nur eine Enttäuschung gab es: der an der Kasse für 1,90 Euro eingesteckte „Primal Strips Thai Peanut“ Snack ist zäh, weich und fasrig, der Geschmack ist bis auf ein bisschen Chili-Schärfe einfach nur langweilig neutral. Also schön bei der Karte und dem Kuchen bleiben.

Hot Dog ganz vegan

Wer hier auf den Geschmack gekommen ist und selbst vegan kochen möchte, der geht am besten bei Dr. Pogo einkaufen. Der kleine vegane Supermark am Karl-Marx-Platz 24 ist nur ein paar Gehminuten entfernt. Dr. Pogo ist ein Ladenkollektiv, dahinter steckt der Verein „Vegane Pampe e.V.“, der Name zeugt von Selbstironie. Dort hat man sich vorgenommen, nicht nach Profit zu streben und auch die Fremdausbeutung nicht durch Selbstausbeutung zu ersetzen. Doch lebensferner Idealismus ist das nicht, denn „ob das auch gelingt, wird sich zeigen müssen“, steht im Flyer des Kollektivs.

Regale im veganen Supermarkt Dr. Pogo

Im Sortiment fällt vor allem die große Bandbreite an Ersatzprodukten für Wurst und Käse auf. Der die etwa sechs Scheiben veganer Cheddar kosten 3 Euro, vier vegane Hot Dogs kann man für 2,20 Euro erwerben. Macht 5,20 Euro für zwei Produkte. Ganz schön teuer. Ist Veganismus also nur für Reiche? „Wer die ausgefallenen Ersatzprodukte haben möchte, der muss tiefer in die Tasche greifen, ja“, erklärt die junge Verkäuferin. „Die Preise für unser Gemüse allerdings sind kaum über dem normalen Supermarktpreis.“ Die Kunden sind jedenfalls zufrieden, nur einmal habe sich ein Mann beschwert, dass die Milch ja gar nicht „echt“ sei. Das Hot Dog Würstchen hat den typischen Sojageschmack – ein unvorbereiteter Fleischesser könnte damit seine Probleme haben.

Weiter geht’s zur veganen Pizzeria Sfizy Veg in der Treptower Straße 95, Ecke Sonnenallee. Es ist 17 Uhr, der Laden macht erst in fünf Minuten auf, trotzdem steht bereits eine kleine Gruppe Wartender davor. Laut Eigenaussage ist Sfizy Veg die erste vegane Pizzeria Europas. Zwei Italienerinnen kamen auf die Idee, die Speisekarte einer typischen Pizzeria anzubieten, aber eben vegan. Sfizy bietet eine große Auswahl an Pizzen, Pasta, Salaten und wechselnden Hauptgerichten. Zudem hat sich der Laden auch Tierrechte, politisches Engagement und ökologisches Bewusstsein auf die Fahne geschrieben. Auch hier steht an der Tür: Kein Pelz!

Veganismus nichts für Gläubige?

Pizza, Pasta und Salat gibt's im Sfizy Veg © Sachwitz

Das Interieur besticht durch Gemütlichkeit, die Wand bietet bunte Denkanstöße. Ein altes Telefon wirbt für den Lieferservice, Paul McCartney erinnert daran, dass er nichts isst, was Augen hat, und auch das bekannte „Nie wieder Krieg“-Plakat schaut den Kunden beim Essen zu. Die Preise orientieren sich am normalen Pizzeria-Standard und die Atmosphäre ist familiär. Die bestellte Pizza Margherita ist dann so groß, dass der Teller darunter verschwindet. Die italienische Spezialität schmeckt knusprig, ist gut gewürzt und genauso, wie eine Pizza schmecken sollte. Sehr empfehlenswert!

Auffällig ist, dass in keinem der veganen Läden türkische Kunden zu sehen waren. Ich frage nach bei Arda, einem waschechten Neuköllner Deutschtürken. Auch er kennt keinen einzigen türkischen Veganer in seinem Umfeld. Dass der Verzicht auf Fleisch schwierig ist, erklärt er mit dem Opferfest, bei dem es für alle gläubigen Muslime Pflicht sei, ein Tier zu opfern. Ein gläubiger Muslim, so Arda, kann schon aus religiösen Gründen schlecht ein Veganer werden. Zusätzlich betrachtet er selbst Veganismus als elitäres Problem. „Im Krieg wäre niemand Vegetarier geworden“, mit diesem klassischen Argument untermauert er seine These.

Zukünftig wir sich die vegane Szene auch neuen Herausforderungen stellen müssen. Denn wo eine Kundschaft ist, da werden Menschen Profit riechen und mitmischen wollen. Die Frage ist also auch, ob Veganismus für eine Masse von Menschen funktionieren kann, denn Massenproduktion entsteht ja immer dann, wenn der Bedarf sehr groß wird. Für heute unterziehe ich das vegane Essen einer letzten Qualitätsprüfung, einem Tierversuch: Meine Katze miaut und schnüffelt begierig an meinem veganen Würstchen. Doch sie verweigert die Kost, der Betrug ist aufgeflogen, es ist eben kein Fleisch.

Kommentare:

  • Rauschi sagt:

    Immerhin die Katze ist noch normal.

  • Antonietta sagt:

    Vegan ist eine hauptsächlich ethisch begründete Lebens- und Ernährungsweise, die es ermöglicht, möglichst wenig Tierleid zu verursachen. In der Praxis sieht es so aus, dass der Veganer und die Veganerin sich rein pflanzlich ernähren und tierliche Produkte meiden.
    Die Produktion von vegetarischen, tierlichen Produkten, Eier, Milch, Wolle, Seide, Daunenfeder, ist in der heutigen üblichen Praxis mit erheblichem Tierleid verbunden.

  • Doris sagt:

    Das Cafe Vux kann ich nur empfehlen, leider wohne ich nicht mehr in Neukölln, aber mit einer kleinen Anreise vom Stadtrand, ist es auch zu erreichen und die Sachen schmecken alle lecker, von den Bagels über Torte bis hin zu den Getränken. Ich werde nächste Woche wieder dort sein, freue mich schon.
    Leider gibt es in Marienfelde keinen einzigen veganen Laden, das ist echt eine Marktlücke, so mit muss ich immer nach Neukölln fahren oder halt im Internet bestellen.

  • Franziska sagt:

    Hallo Rauschi,

    die Katze ist für Katzenverhältnisser sicher normal, denn Katzen ernähren sich zu 98% von Fleisch. Aber ist es für Menschen „normal“, Tiere zu essen, auch wenn sie wissen, wie es ihnen geht, wenn man sein Schnitzel für 3,99 Euro je Kilo kaufen will?? Ich fürchte, es ist „norm-al“, also der Norm entsprechende. Es ist ja auch „norm-al“, Tütensuppe zu essen, Fertigpizza, Zuckersachen, von denen wir aber eigentlich wissen, dass sie grottenungesund sind. Also wird es Zeit, die Normen zu verschieben. Weg vom „ich fress alles, was ich will, nach mir die Sintflut“, zu „ich esse alles, was mir gut tut und keinem anderen ein Leid zufügt“. Aber dazu muss man eben umdenken und das fällt manchen einfach schwer. Manchmal mangels Zeit, manchmal mangels Lust, manchmal mangels Hirnmasse…

    In diesem Sinne, ich mach mir jetzt ein leckeres Brötchen mit Alsan-Margarine, die wie Butter schmeckt, veganem Schnittkäse, der wie Käse schmeckt und Gewürzgurke, die eben wie Gewürzgurke schmeckt. Und damit hab ich dann niemandem wehgetan und so schmeckt es nochmal um Klassen besser.

    Und Tschüß,
    beste Grüße aus Bayern,

    Franziska

  • V sagt:

    Ich hab im Vux gut gegessen, fand aber den Dielenboden unangenehm laut beim Drüberlaufn und das kahle Weiß an Boden und Wänden eher ungemütlich.
    Ganz anders das kleine sfizy, da drängelte sich Kunde an Kunde, als ich da war und die Leute hinterm Tresen waren trotzdem ruhig und freundlich. Meine Hochachtung, also ich wär wohl nicht so souverän. Und geschmeckt hats bombastisch gut!

  • Baldower sagt:

    Da ich kaum essen gehe, kann ich nichts zu den veganen Neuköllner Restaurants sagen. Allerdings ist der Artikel bezeichnend, was die türkische Bevölkerung angeht, Zitat:
    „Veganismus ist ein elitäres PROBLEM“.
    Ich finde nicht, dass Veganismus ein Problem ist. Das Problem ist die geistige Verwahrlosung auf der nicht nur Fleischesserei beruht, sondern auch elitärer Glaubensdünkel und alles andere was übervorteilt.
    Es gibt vor allem im asiatischen Kulturbereich Glaubensrichtungen, die nicht nur in Kriegszeiten KEIN Fleisch essen. Die Haltung dieser Gläubigen ist so konsequent, dass sie es vorziehen selbst abzuleben als einem anderen Lebewesen Leid anzutun. Diese Menschen haben Tücher um Mund und Nase, damit sie keine Tiere einatmen oder versehentlich verschlucken und beim Wandern streichen sie mit Laubzweigen leicht über den Boden, damit sie kein Tier zertreten. Das beste aber ist, dass diese Gläubigen NICHT elitär sind – ganz im Gegensatz zu gewissen Anhängern von Blutopfer darbringenden Glaubensrichtungen, die einmal im Jahr ein Tieropfer = Blutopfer darbringen müssen, weil irgendwer, der sich Gott nennt, das aus blindem Gehorsam heraus verlangt, weil sonst die Glaubensanhänger dieses Blutopferkults in der Hölle landen und ihren elitären Status verlieren…

    Zur veganen Ernährung:
    Ersatzprodukte sind NICHT gesund sondern eher zum Abgewöhnen und Umgewöhnen. Das beste ist, mit Ersatzprodukten, wie Ersatzkäse, Ersatzwurst, Ersatzmilch, Margarine usw. erst gar nicht anzufangen.
    Besonders schlimm ist es, wenn Veganer raffinierten oder teilraffinierten Zucker essen oder diese Ersatzbrotaufstriche auf Nuss- oder Samenbasis, wenn diese Salz enthalten, da die Nüsse und Samen nicht lange genug erhitzt wurden, um sie mit Salz verträglich zu machen.
    Vegan essen – JA, aber gewusst wie. Vegane Rohkosternährung – JA, aber gewusst wie.
    Man muss sich sehr genau mit dieser Thematik befassen, damit man, gerade was die Ersatzprodukte angeht, nicht krank wird.

    @ Rauschi und @ Franziska:
    Tiere werden auf Nahrung geprägt, das ist ein biologischer Schutzmechanismus, auch, damit es weniger Konkurrenz um Lebensraum und Nahrungssuche gibt. Das bedeutet: Wenn eine Katze oder ein Hund vegan aufgezogen wird, dann lässt ein Hund oder eine Katze die Fleischprodukte stehen. Ob das artgerecht ist, ist natürlich eine andere Frage. Von daher hat die Katze normal reagiert, weil sie auf Fleisch geprägt wurde.

    Was aber noch viel schwieriger als eine gesunde vegane Ernährung ist, denn die lässt sich trotz allem relativ einfach umsetzen, das ist die Sache mit den Schuhen.
    Wenn man Problemfüße hat, wie ich – dann findet man einfach KEINE veganen, passenden Schuhe. Ich suche seit ca. 5 Jahren und es passt mir nichts. Nicht mal Birkenstocks oder Steinkogler (Waldviertler), die man sich vegan fertigen lassen kann. Die Ferse zu schmal, der Vorfuß zu breit oder aber meine Füße sind zu lang. Dazu Spreizfüße, Sehnenentzündungen mit Fersensporn hinten und unter der Fußsohle – es gibt einfach NICHTS!

    Ach so, den Veganz-Laden in Prenzelberg mag ich nicht sooo gerne – das Angebot hingegen ist super – vor allem die Rohkostspezialitäten, wie rohes Carobpulver. Mal sehen, ob Dr. Pogo mir diesbezüglich weiterhelfen kann, denn ich wohne gleich ums Eck.

    Cheers

  • beats maker sagt:

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