Ein Dorf mitten in Neukölln

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Die Kunstgruppe des Projekts „Shalom Rollberg“ (Foto: Morus 14)

In der Rollbergsiedlung kennt fast jeder jeden, und alle kennen Morus 14: Der Verein leistet wichtige Bildungs- und Integrationsarbeit, ist dabei jedoch auf die Unterstützung vieler ehrenamtlicher Helfer angewiesen. Jetzt mitmachen!

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Donnerstag, 3. September 2015

Gilles Duhem steht in den Räumen von Morus 14 und verkündet stolz: „Ahmet will ab sofort jeden Tag eine Stunde lang Mathe üben. Eine Stunde! Dass das noch mal passiert, hätte ich mir nicht träumen lassen“. Duhem, eigentlich Politologe, Betriebswirt und Stadtplaner, kennt alle 110 Kinder in der Hausaufgabenbetreuung und weiß immer genau, was bei ihnen los ist. Der gebürtige Franzose wird von den Mitarbeitern von Morus 14 gerne als „die gute Seele“ des Vereins bezeichnet, und vermutlich kennt keiner die Rollbergsiedlung so gut wie er. Von 2002 bis 2006 war er hier Quartiersmanager und 2007 wurde er Geschäftsführer bei Morus 14.

Dass im Rollbergviertel ein starker sozialer Zusammenhalt herrscht, ist definitiv auch der vielfältigen Arbeit des Vereins zuzuschreiben. Etwa durch „Mieter kochen für Mieter“: einmal pro Woche findet dieses gemeinsame Mittagessen für alle Nachbarn statt, bei dem etwa Künstler oder Politiker, aber auch ganz normale Leute aus dem Kiez kochen. Weitere Projekte sind die Big Band Rollberg für Kinder und Jugendliche oder „Shalom Rollberg“, das Begegnungen mit Vertretern der jüdischen Community ermöglicht und Berührungsängste abbaut.

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Gilles Duhem (2. v.l.) und das Team von Morus 14 (Foto: Morus 14)

„Die Schule ist zu lasch“

Auch wenn das Rollbergviertel ein Dorf ist, eine heile Welt ist es sicherlich nicht. Die meisten Häuser entstanden in den 70er und 80er Jahren als sozialer Wohnungsbau. Heute lebt fast die Hälfte der Einwohner von Transferleistungen, das sind 31 Prozent über dem Berliner Durchschnitt. Viele Rollberger sind bereits in der dritten Generation ohne Arbeit. Wie lässt sich dieses Muster durchbrechen? Auch wenn es manchmal abgedroschen klingt, das Einzige, was hilft, ist Bildung. Und die kann nicht allein den Institutionen überlassen werden. „Die Schule ist zu lasch“, sagt Duhem. Die Lehrer verstünden oft nicht, was bei den Kindern Zuhause los sei, und für den Umgang mit besonderen Problemlagen, wie bei Flüchtlingen, seien sie schlichtweg nicht ausgebildet.

Dem setzt Morus 14 klare Strukturen und Regeln gegenüber, sagt Gilles Duhem. Es werde genau festgehalten, wer gerade welchen Raum nutze, wer sich etwas beim Verein ausgeliehen hat, wer an den Computern sitzt. „Das gibt den Kindern Ruhe, Klarheit und Struktur“, so Duhem, „die kommen richtig runter“.

Schülerhilfe: Weit mehr als Hausaufgabenbetreuung

Herzstück von Morus 14 ist das „Netzwerk Schülerhilfe Rollberg“: Jedes Kind bekommt einen ehrenamtlichen Mentor. Sie treffen sich jede Woche und lernen gemeinsam. „Schnell geht es aber nicht mehr nur um die Schule“, berichtet Robin Gebhardt, der sich seit 2011 als Schülerhelfer im Verein engagiert und mittlerweile im Vorstand ist. Die Kinder merken, dass sie ernstgenommen werden, entwickeln neue Perspektiven und werden selbstständiger. Sie erzählen den Mentoren von ihren Familien, aber auch von ihren Sorgen und Wünschen. Außerdem unternehmen sie zusammen kleine Ausflüge – für die Kids ein besonderes Highlight, denn manche verlassen den Kiez normalerweise kaum. „Es gibt hier Kinder, die noch nie U-Bahn gefahren sind“, berichtet etwa Gilles Duhem. In Berlin ist also noch jede Menge für sie zu entdecken. Auf diese Weise sind schon außergewöhnliche Freundschaften zwischen Kindern und Mentoren entstanden.

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Bei der Hausaufgabenhilfe geht es  nicht nur um’s Pauken. Auch Spiele und gemeinsame Ausflüge stehen auf dem Programm. (Foto: Morus 14)

Damit dieses wichtige Netzwerk funktioniert, ist Morus 14 auf ehrenamtliche Helfer angewiesen. Hier engagieren sich Freiwillige aus der ganzen Stadt, vom Studenten bis zum Rentner. Mitmachen kann jeder, der sich 1,5 Stunden pro Woche Zeit nehmen kann. Es ist natürlich wichtig, dass die Termine zuverlässig und regelmäßig wahrgenommen werden. „Auch Geduld und Frustrationstoleranz sollte man mitbringen“, so die Erfahrung von Robin Gebhardt. Der Lohn dafür? Über den eigenen Tellerrand blicken, Neues lernen, und tatsächlich die Möglichkeit haben, benachteiligten Kindern zu helfen.

Außerdem kann man Morus 14 auch durch Spenden unterstützen. Der Verein erhält keine regelmäßige Förderungen durch die öffentliche Hand. Es gibt die Möglichkeit, Mitglied im Förderverein zu werden (ab 24 Euro pro Jahr) sowie einmalig oder regelmäßig Geldbeträge zu spenden.

Eine Übersicht zu den Spendenmöglichkeiten findet sich hier. Mehr über das „Netzwerk Schülerhilfe Rollberg“auf betterplace.org.

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