Ghettoblaster to go

Der Künstler Sweza arbeitet mit digitalen Verschlüsselungscodes, reißt sie aus ihrer virtuellen Welt und klebt sie ganz real und analog an Straßenfassaden. Aus einem angeklebten Ghettoblaster wird schnell ein Radio zum Mitnehmen. Smartphonebesitzer sind leider klar im Vorteil. (mehr …)

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Dienstag, 13. Dezember 2011

Eckig sind sie und schauen ein bisschen aus wie der Bildschirm einer katastrophal schlecht gespielten Tetris-Runde kurz vor Game Over: QR-Codes. Viele schwarzweiße Pixel auf einem noch größeren Viereck versammelt, das sich per Smartphone einlesen und in brauchbare Informationen übersetzen lässt. Hier auf dem Titelbild zum Beispiel, vom Ghettoblaster in der Wissmannstraße, führt der Code zu einem Link auf dem Musik abgespielt wird. Sweza nimmt die Codes, übersetzt sie und bringt sie, ausgedruckt oder per Hand gestanzt, an Wänden und Mauern an. Einmal in die Realität und zurück.

Nur mit der Haltbarkeit seiner Kunstwerke ist es so eine Sache. Street Art ist der Vergänglichkeit des öffentlichen Raums leider ziemlich stark ausgesetzt – sei es auf Grund des Reinheitswahns unserer Gesellschaft oder auf Grund von asozialen „Kunstliebhabern“, die die Kunstwerke für sich allein behalten wollen und am besten noch kommerzielle Interessen dabei verfolgen. Ein Ghettoblaster von Sweza am U-Bahnaufgang Hermannplatz hat es gerade einmal ein paar Tage geschafft. Jetzt ist die Wand wieder blank.

Mit der Vergänglichkeit seiner Werke hat sich Sweza mittlerweile auch in seinen Arbeiten beschäftigt. Am Künstlerhaus Bethanien hat er einen QR-Code an die Stelle angebracht, an der einmal Jahre zuvor ein Piece – wie die Werke der Street Art oft genannt werden – von ihm prangte. Nun kann der glückliche Besitzer eines Smartphones den Code einlesen und sieht auf seinem Handy ein Foto von der Hauswand, wie sie vor Jahren einmal ausgesehen hat: eine Wand mit dem „Sweman“ von Sweza.

In der Geschwindigkeit, in der die Pieces allerdings wieder vom Erdboden bzw. Straßenbild verschwinden, hat der gute Sweza in Zukunft viel zu tun. Vielleicht klebt ja irgendwann auch wieder ein QR-Code für den verschwundenen Ghettoblaster am Aufgang Hermannplatz.

Wenn Ihr mehr über Sweza erfahren und sein digital-reales Schaffen real-digital miterleben möchtet, schaut Euch am besten das angefügte Videointerview von Arte Creative an: