Bedrohte Falken

Am frühen Morgen des 9. November verübten Unbekannte in Britz einen Brandanschlag auf die linke Kinder- und Jugendeinrichtung der „Falken“ – das zweite Mal in diesem Jahr. Die Betroffenen vermuten einen rechtsextremen Hintergrund.

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Samstag, 12. November 2011

Am 4. Dezember dieses Jahres sollte das Anton-Schmaus-Haus, Heimstätte der Jugendeinrichtung „Die Falken Neukölln“,  endlich wiedereröffnet werden, nachdem Unbekannte einen Brandanschlag verübt hatten (Sachschaden rund 120.000 Euro). Jetzt, nach wiederholter Tat, ist diese Hoffnung Entsetzen gewichen: „Uns ist die Spucke weggeblieben“, erzählt Mirjam Blumenthal, die Sprecherin des Hauses. „Da hängt unendlich viel Zeit dran, so etwas wieder aufzubauen.“

Der erste Brandanschlag gegen die Falken, der Kreisverband der Sozialistischen Jugend Deutschlands, geschah in der Nacht zum 27. Juni, vermutlich die Tat von Neonazis. In derselben Nacht war es zu insgesamt fünf Anschlägen auf linke Einrichtungen gekommen. Knapp einen Monat zuvor war auf der Internetseite des rechtsextremistischen Nationalen Widerstands eine Aufzählung von „linken Läden“ veröffentlich worden – mit Adresse, Foto und den Namen der Inhaber und Mitarbeiter (http://www.nw-berlin.net/2011/05/22/linke-laden-teil-5-neukolln). „Dort können Linkskriminelle Bücher lesen und Filme gucken.“, heißt es etwa über das ORi . Vom Anton-Schmauch-Haus wird behauptet, man versuche dort „bereits kleine Kinder ideologisch zu verblenden“.

„Hier geht es auch um Kinder!“

Wären die Folgen nicht so drastisch, könnte man sich über die offensichtliche Beschränktheit dieses Denunziantentums fast amüsieren. Schließlich müsste der Nationale Widerstand seiner propagierten Auffassung nach konsequenterweise den Großteil der Neuköllner Kneipen und Läden auf die Liste setzen. Nach der Veröffentlichung der Seite, so Mirjam Blumenthal, ahnten die Falken bereits, dass etwas passieren würde. Drohungen und Versuche, rechte Propaganda im und ums Haus zu plazieren, habe es schon vorher gegeben. „Aber dass das passieren würde, haben wir nicht für möglich gehalten. Hier geht es auch um Kinder!“

Bei dem aktuellen Anschlag gebe es laut Polizei keine Hinweise auf einen rechtsextremen Hintergrund, so die Berliner Morgenpost. Allerdings deutet allein das Datum, der Jahrestag der Reichspogromnacht, darauf hin. Auch Klaus Wowereit legte seiner Reaktion auf den Vorfall die gleiche Vermutung zugrunde: „Alle Gruppen, Organisationen und Einzelpersonen, die sich in der Auseinandersetzung mit dem Rechtsextremismus engagieren, verdienen breite gesellschaftliche und politische Unterstützung.“

„Das hat uns eher gestärkt“

Aber wie gehen die Betroffenen damit um? Seit dem ersten Brandanschlag sei der Zusammenhalt bei den Falken noch größer. Aus dem Bezirk erhalte man breite Rückendeckung aus allen Fraktionen und auch mit der Polizei halte man enge Absprachen. „Das hat uns eher gestärkt“, betont Blumenthal. Allerdings werden das Anton-Schmaus-Haus und seine Kinder- und Jugendgruppen hauptsächlich von ehrenamtlichen Mitarbeitern geleitet, da sei nicht einfach, mit solchen Angriffen fertig zu werden. „Wann hört der Nazi-Terror endlich auf?“ steht in roten Lettern auf der Webseite der Falken.

Anton Schmaus, auf den der Name des Hauses zurückgeht, wurde selbst Opfer nationalsozialistischen Terrors. In der „Köpenicker Blutwoche“ wurde er Angriffsziel einer Verhaftungswelle, die von der Köpenicker SA-Standarte ausging. Zahlreiche Gegner der Nazis wurden gefoltert und ermordet. Schmaus entging vorerst seiner Verhaftung und erschoss dabei drei SA-Leute, stellte sich jedoch der vermeintlich rechtsstaatlichen Polizei. Er starb ein Jahr später.

Die andere Wange würde Mirjam Blumenthal einem Nazi nicht auch noch hinhalten, aber die Waffenwahl ist eine andere: „Wir kämpfen mit Worten.“

Kommentare:

  • sam sagt:

    die internetseite des nationalen widerstands is ja viel zu krass – da wir einem ja schlecht beim stöbern. da frag ich mich dann auch, wieso sowas nich gelöscht und rechtlich verfolgt wird. oder aber die seite wird eh überwacht